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Aufklärung statt Angstmache, Gespräch statt Computer

Vor 25 Jahren war es die Zentralstelle Patientenverfügung, die bundesweit als erste Einrichtung individuelle Patientenverfügungen erstellte. Diese werden bis heute erfahrungsbasiert stets optimiert und weiterentwickelt. Die Arbeit der Zentralstelle mit kostenfreier humanistischer Beratung ist seit je her gemeinnützig. Dem Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) wird – wie bereits etlichen anderen HVD-Landesverbänden – jetzt auch in Berlin der Status "Körperschaft des öffentlichen Rechts" verliehen. Dies ermöglicht dem Verband, bei Vorsorgedokumenten wie Vollmachten auch Beglaubigungen durchzuführen.

Inzwischen ist ein kommerzieller Internetmarkt entstanden. Die Einschätzung von Experten wie dem  Münchner Professor für Medizinethik Prof. Georg Marckmann ist äußerst skeptisch. Marckmann nennt ein Beispiel aus seiner eigenen Beratungserfahrung: "Eine alte Dame gab an, wenn sie jetzt sterbe, sei das für sie in Ordnung. Später antwortete sie auf die Frage, ob sie wiederbelebt werden wolle, mit einem klaren Ja." Solche Konflikte müsse man im Gespräch auflösen, sagt Marckmann. "Das kann ein Computersystem nicht leisten."

Fragwürdige Werbung für Patientenverfügungen aus dem Computer

Inzwischen ist ein kommerzieller Markt mit immer härter werdender Konkurrenz entstanden. Internetanbieter schrecken zur Bewerbung der eigenen Produkte nicht vor falschen Versprechungen zurück. Auch werden Behauptungen in die Welt gesetzt, die sich als so irreführend erweisen, dass ihre Rücknahme auf dem Wege einer einstweiligen Verfügung erzwungen wurde, wie durch das Landgericht Augsburg in diesem Fall: Der Patientenverfügungsanbieter eines selbsternannten "ärztlichen Onlinedienstes" hatte – aus der Luft gegriffen - behauptet, als einziger in Deutschland "nach den strengen Vorgaben des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen zertifiziert worden" zu sein.

Eben dieser Onlinedienst zeigt sich weiterhin überzeugt, aus notärztlicher Sicht endlich eine "digitale Lösung für ein analoges Problem" gefunden zu haben. Er macht auf diese Innovation inzwischen mit ganzseitigen, aufsehenerregend bebilderten Zeitungsanzeigen aufmerksam. Überschrift: "Wenn Sie in Ihrer Patientenverfügung nur schreiben `Ich will nicht an Schläuchen enden´, kann es gut sein, dass Ihnen genau das passiert."

Originell, keine Frage, wie auch der anschließende Slogan "Wir sprechen Arzt". Auf der Internetseite dieser Start-up-Firma wird behauptet: "9 von 10 Patientenverfügungen versagen, weil sie nicht passen." Selbst wenn es in vielen Fällen so wäre, läge diese hohe Rate der Unwirksamkeit jedenfalls nicht daran, dass in Patientenverfügungen stehen würde "Ich will nicht an Schläuchen" hängen. Diese Formulierung wird gebetsmühlenartig als Negativbeispiel immer wieder angeführt. Allerdings ist die Angst völlig unbegründet, eine solche flapsige Umgangssprache in einer der gut 250 erfassten Vordrucke und Muster verschiedenster Anbieter zu finden – da muss nicht das neue Produkt mit dem Slogan "Wir sprechen Arzt" bemüht werden.

Seriosität und humanistische Beratung

Statt auf Methoden der Werbewirtschaft setzt der Humanistische Verband auf seriöse Aufklärung und auf seine jahrzehntelange Praxiserfahrung im Namen von Autonomie und Solidarität. Jüngstes Beispiel für die humanistische Aufklärungsarbeit ist der Ratgeberteil einer Frauenzeitschrift. Die Leiterin der Zentralstelle, die diplomierte Psychologin Elke Rasche, antwortet dort seriös und fachkundig auf Fragen wie die nach Sicherheit und Verlässlichkeit von Patientenverfügungen.

Wer Sicherheit auf dem höchsten Niveau haben will, dem empfiehlt die Zentralstelle eine Optimale Patientenverfügung, in der die individuelle Haltung zu einer Vielzahl an Fragen geklärt werden. Dazu Elke Rasche:

"Wir empfehlen, persönliche Bewertungskriterien für Lebensqualität festzulegen. Also kann ich mir ein Leben im Rollstuhl vorstellen? Wie wichtig ist mir geistige Klarheit und Bewusstsein bis zuletzt? Solche und andere Fragen sollten geklärt sein. Es sollten verschiedene Behandlungssituationen berücksichtigt werden wie das Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit, ein unabwendbarer und unmittelbarer Sterbeprozess sowie Gehirnschädigungen und Hirnabbauprozesse beziehungsweise demenzielle Verläufe. Für diese Situationen ist dann jeweils zu klären, in welchem Umfang ärztliche Maßnahmen wie lebenserhaltende Behandlungsmethoden, Schmerz- und Symptombehandlungen, künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Wiederbelebungsmaßnahmen, künstliche Beatmung, Dialyse oder die Gabe von Antibiotika eingeleitet oder beendet werden sollen. Aufgrund der Komplexität und möglichen Differenzierungen bzw. Bewahrung vor widersprüchlichen Aussagen in einer Patientenverfügung sollte diese möglichst nicht ohne eine vorausgehende beziehungsweise begleitende Beratung verfasst werden."

Die Qualität der Patientenverfügungsberatung des HVD wird einhellig in unabhängigen Medien bezeugt. Die Zentralstelle bietet eine - wegen der medizinisch maßgeschneiderten und individuell wertebezogene Erstellung - zu Recht so bezeichnete Optimale Patientenverfügung an. Diese gilt als unmittelbar Praxiswirksam. Daneben wird als Basismodell die sogenannte Standard-Patientenverfügungen - nach neuestem Stand mit nötigen Erweiterungen, wie eine Differenzierung von zwei Demenzstadien- angeboten. Für diese Fortentwicklung in der Kategorie "Standard", die sich am ursprünglichen Muster des Bundesjustizministeriums orientiert, wurde Lob von "höchster Stelle" erteilt. Zudem wurde dieses Modell vom ZDF-Magazin WISO als Verbrauchertipp hervorgehoben - wegen des hervorragenden Verhältnisses von Preis (online für 50 Euro inkl. Vollmachten) und Leistung mit bundesweit kostenfreier telefonischer oder persönlicher Beratung in HVD-Beratungsstellen (an vielen Orten, darunter v.a. in NRW, in Niedersachsen und Städten wie Stuttgart, Jena und Frankfurt a.M.).

Unlauterer Wettbewerb mit harten Bandagen  

Zur Beratung des HVD gehört, dass – bei allen Möglichkeiten einer erweiterten Standard-Patientenverfügung – auch deren Grenzen bezüglich Reichweite, Differenziertheit und Individualität benannt werden. Statt falscher Werbeversprechen klärt die Einrichtung des HVD in Publikationen darüber auf: Auch standardisierte Patientenverfügungen sind selbstverständlich rechtssicher und entfalten für die überwiegende Mehrzahl der Anwendungsfälle ihre Wirksamkeit. Das heißt aber umgekehrt auch, dass sie keine Sicherheit für alle Fälle von Einsichtsunfähigkeit garantieren. Deshalb sei speziell bei Standard-Patientenverfügungen eine ergänzende Gesundheitsvollmacht dringend zu empfehlen.

Diese sachgerechten Aussagen nahm wiederum ein anderer Anbieter digitaler Dokumente – diesmal ein Rechtsanwalt mit seiner Internetfirma PatientenverfügungPlus – zum Anlass für hämische Diffamierungsversuche. Danach stelle der HVD bei seinen eigenen Standard-Patientenverfügungen deren Rechtswirksamkeits-Garantie in Frage, wenn er einräume, dass es im Ernstfall `später Interpretationsbedarf geben´ könne. Deshalb, so die Schlussfolgerung auf einer Sonderseite von PatientenverfügungPlus zum HVD: Allein der gesunde Menschenverstand besage, "dass dieses Angebot unbedingt gemieden werden sollte". Eine Aussage, die den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllen dürfte. Zudem wird dort exemplarisch hochgerechnet, für HVD-Leistungen würde im Zeitraum von 10 Jahren eine angeblich vierstellige Gebührensumme fällig. Richtig ist hingegen, dass Hinterlegung und kontinuierliche Anpassung dauerhaft für alle Verbandsmitglieder völlig kostenfrei sind.

Expertenbewertung: Im Gespräch zuverlässig auf den Punkt kommen

Im Auftrag der ZEIT hatten sich Experten Digital-Angebote für Patientenverfügungen angeschaut. Die Medizinrechtlerin Beate Steldinger bezweifelt, dass ein neuer Ansatz für Patientenverfügungen überhaupt notwendig ist. Die innovativen Online-Programme würden "unnötig kompliziert", zumal wenn ausführlich auch Situationen abgefragt werden wie diese: "Würde man es ertragen, nicht mehr sehen oder sich nicht mehr bewegen zu können?" Um ohne Hinterfragungsmöglichkeit zu ermitteln, was denn daraus folgen soll, bedarf es enorm aufgeblähter, zeitaufwendig zu lesender und teils für den Klienten völlig überflüssiger Inhalte. Vorteil eines analogen Gesprächs: Bei professioneller Führung gelingt es in der Regel schneller und zuverlässiger, "auf den Punkt" zu kommen, um den es den Klient_innen eigentlich geht. Auch der Medizinethiker Prof. Georg Marckmann resümiert: Die Innovation gerade auch der ausgeklügelsten digitalen Fragekonstellationen kann niemals ein persönliches Gespräch ersetzen.

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Gita Neumann
Redakteurin des Newsletters Patientenverfügung

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