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Aus der Dankesrede von Marcel Beyer zum Uwe-Johnson-Preis

"(…) Schweigen ist unmöglich." und "Die guten Leute sollen das Maul halten." Diese beiden Sätze markieren eine Spannung, der ich mich heute ausgesetzt sehe. – Als Nachkomme von Schweigegeneration und  Antwortgeneration, dazu als jemand, der weder einen Stern noch einen farbigen Winkel sich an die Kleidung hätte heften müssen, der nicht zur Ermordung vorgesehen wäre, weiter als jemand, der mit Worten umgeht, als Neigung, zudem vor der Öffentlichkeit, und der aus seiner Neugier notwendigerweise eine Befragung, eine unabschließbare Prüfung seines Materials, der Sprache ableitet. Eine Spannung, die nicht auflösbar ist. Sie ist eine Voraussetzung meines Sprechens und Hörens.

Wer aber eine Haltung des Hörens lernen möchte, der kann das bei Uwe Johnson tun. Das ist auch das Vergegenwärtigen der Verantwortung bei der Wahl meiner Worte, also beim Hören der Welt. Und es ist das Merken: Über Sprechen und Schweigen läßt sich so schnell nicht verständigen, wie man es aus dem Reden darüber schließen mag.

Dies zu merken, dies fragen zu wollen, danke ich Uwe Johnson. (…)."