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Fünf Fragen an Katrin Raczynski

Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an Uwe Johnson denken?

Mir fällt vor allem Heinrich Böll ein, der nach Johnsons Tod schrieb, dass Johnsons wahre Größe erst in späteren Zeiten erkannt werden würde. Dass Johnsons literarisches Erinnern heute so viel Anerkennung und Nachahmung findet – mit dem Johnson-Preis zeichnen wir die verdientesten davon auch aus –, beweist meines Erachtens, wie Recht Böll hatte.

Wie schätzen Sie die Bedeutung Uwe Johnsons und seines Werkes ein?

Seine Bedeutung ist in jedem Fall größer als das Wissen darum. In seiner Wut und Trauer über die Verhältnisse seiner Zeit, in dem anachronistischen Gestus seines Schreibens und dem mitunter mühsamen Kleinklein in seiner Literatur hat er zu seiner Zeit ein Werk geschaffen, das aktueller denn je ist.

Welches Buch von Johnson muss man unbedingt gelesen haben?

Das kommt darauf an, Johnsons "Mutmaßungen über Jakob" und die "Jahrestage" sind Klassiker. Wer bei ihnen angelangt ist, der hört mit Johnson ohnehin nicht mehr auf. Wer Johnson anders kennenlernen will, dem kann ich seine unveröffentlichten Briefe an Jochen Zien "Leaving Leipsic next week" empfehlen.

Warum gehört der Uwe-Johnson-Preis unbedingt in die deutsche Literaturlandschaft?

Weil die deutsche Geschichte immer wieder neu reflektiert werden muss, in ihren großen Zügen, aber auch in ihren kleinen, persönlichen Wendungen. Kaum einer konnte dies so verstörend kunstvoll und dennoch eingänglich tun wie Uwe Johnson.

Was wünschen Sie dem Preis?

Dass er die Autor_innen auszeichnet, die – wissend oder unwissend – Johnsons verantwortungsbewussten Blick auf die Gegenwart und die Geschichte fortsetzen und die Leser_innen immer wieder neu zum Nach-denken über die Welt anregen.