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Fachtagung "Am Lebensende fern der Heimat"

Die Friedrich Ebert Stiftung (FES), der Humanistische
Verband Deutschlands, Berlin-Brandenburg (HVD, LV Berlin-Brandenburg) und das interkulturelle Hospiz Don Ban Ja veranstalteten gemeinsam am 9. –10. Februar 2012, im Saal der FES – Haus 2, Hiroshimastraße 28, 10785 Berlin

die Fachtagung "Am Lebensende fern der Heimat" − Tod und Sterben in einer Migrationsgesellschaft".

Dokumentation der Ergebnisse zur Fachtagung sind folgendes:  

Ergebnisse der Workshops:

Workshop 1

Muslimisches Sterbe- und Begräbnisverständnis- Implementierungsmöglichkeiten in die deutsche Friedhofsordnung?

(Isikali Karayel)

"Ich möchte gern in meinem Land sterben, wo ich mich durch meine Sprache, geborgen fühle." Dänische Teilnehmerin der Tagung aus dem Pflegebereich

·         Muslimische Menschen wählen hauptsächlich muslimische Bestattungen. Muslimische Bestatter Wissen um die Rituale, organisieren wenn gewünscht Überführungsmöglichkeiten , in das Herkunftsland, kennen den Zeitdruck, den Leichnam innerhalb von 24 Stunden zu bestatten, Wissen um die Kosten und Aufbewahrungsvorschriften vor Ort, regeln viele bürokratische Angelegenheiten wie das beurkunden etc., buchen gegeben falls Flüge für die trauernden Familienmitglieder etc.

·      Die Plätze auf muslimische Friedhöfe werden in Deutschland zunehmend rar.

·         Muslime können unter Beachtung der deutschen Friedhofsordnung und bestimmten Voraussetzungen (bspw. Grabrichtung Mekka)auch auf deutschen Friedhöfen bestattet werden.

·      Für Migranten mit anderen Glauben (bspw. Hinduismus, Buddhismus) ist es in Deutschland schwieriger sich bestatten zu lassen. Es gibt keine eigenen Friedhöfe. Der Raum auf den christlichen Friedhöfen ist zu klein. Nach der deutschen Friedhofsordnung sind bestimmte – für die Religion- typische Bestattungsrituale verboten

·      Fragen offen:  Was kann in Deutschland getan werden, um die Menschen im Sinne ihres Glaubens zu bestatten. Wer bezahlt die Überführung, wenn Migrant/innen in Ihr Herkunftslands wollen?

   

Workshop 2

 Sterben in der Migration

(Ulrika Zabel, Leiterin des Kompetenz-Zentrums Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe)

Egal welchen Glauben wir haben, wir sind gar nicht so verschieden, was Wünsche und Bedürfnisse betrifft" Dehrian Schmidt, Teilnehmerin und Pflegedienstleitung in der Altenpflegemit türkischen Migrationshintergrund

 

·      Menschen mit muslimischen Glauben reden über das Sterben nicht so gern. Daher werden viele Fragen im Vorfeld nicht gestellt, die das Sterben und Bestatten einfacher machen könnten.

·      Kulturspezifische Besonderheit

·      muss die Familie mit den Patienten als System begreifen. Individualistische Bedürfnisse stehen bei vielen Migrant/innen oft nicht im Vordergrund. Familie entscheidet, was gut für den Patienten ist. Pflege muss sich darauf einlassen.

·      Mehr Zeit für den Patienten, für seine Biografie, mehr Zeit sich mit der Kultur/ Religion auseinanderzusetzen

·      Mehr Zeit, um das Gesundheitssystem für den Patienten und den Angehörigenverständlich zu machen.

·      Stärkere Unterstützung seitens der Ärzte  bei der Aufklärung von Krankheiten und Therapiemöglichkeiten

"Wir sind uns ähnlicher als wir denken. Wir müssen die Menschen dort abholen, wo sie leben" Pflegesatz auch hier gültig" Ulrika Zabel, Leiterin des Kompetenz-Zentrums Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe

3 Probleme aufgeworfen:

·     Sterben in der Migration für bikulturelle Ehepaare: "wo denn jetzt!"; gemeinsam/ getrennt

·     Paare aus dem gleichen Herkunftslands: hier oder dort wo man geboren ist.

·     Wie Sterben Zuwanderer die nicht religiös sind?

 

Fazit: Immer wichtig im Vorfeld zu erfragen, wie die Person sterben möchte.

 

Workshop 3

Schwerkranke Kinder aus Migrantenfamilien: Herausforderung im Umgang "Wir brauchen alle mehr Geduld miteinander", Renate Christensen, Workshopleiterin, Ärztin und Psychologin 

Renate Christensen, Ärztin und Psychologin

·     Mehr Zeit für die Ehrenamtlichen Familienbegleiter sich in der Familie mit der Kultur/ Religion auseinanderzusetzen. Das ist Wichtig um Vertrauen zu schaffen.

·     Mehr Unterstützung bei bürokratischen Hürden (Niedrigschwelligkeit)

·     Zwischenmenschliche Beziehungen stehen bei der Arbeit im Vordergrund

·     Besondere Schulungen für Mitarbeiter/innen notwendig

·     Mitarbeiter/innen müssen respektvollgegenüber Patienten sein und über eine gute Selbstreflektion verfügen

Sterben von Migrant/-innen in Heimen fern der Herkunftsheimat

Ulrike Dausel, Humanistische Beraterin, Belgien

 

·     Aufbau von Netzwerken ist sehr wichtig. In Krankenhäusern zu Migrationszentren, Sprachmittlern etc.

 Podiumsdiskussion:  Forderungen Teilnehmer/innen:

Einsetzen von Sprachmittlern, die die Patienten und deren Familien über das Gesundheit/ Pflegesystem so aufklären, dass Betroffene auch Vorsorgemöglichkeiten wahrnehmen.

Ziel muss es sein, dass "Ärztehopping" zu verringern

Mehr Zeit für die Pflegekräfte, Ärzte, Mitarbeiter/innen in den Sozialdiensten

Mehr Geduld mit den Migrant/innen sich mit dem Gesundheits- und Pflegesystem auseinanderzusetzen

Bestehende Netzwerke zu verstärken (Integrationszentren, religiöse Orte, Sprachmittler)

Kultursensible Aus- und Weiterbildung in der Pflege und unter Medizinern