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Die Glocke des Friedens

Friedensglocke im Volkspark Friedrichshain
Friedensglocke im Volkspark Friedrichshain

Weihnachten steht vor der Tür – und damit eine neue Chance, dieses althergebrachte Fest ganz bewusst mit humanistischer Feierfreude anzugehen und ihm Sinn und Unterstützung für das eigene Leben abzugewinnen – nämlich, so sei es hier umworben, als humanistisches Friedensfest.

Weihnachten, so der Humanist und Philosoph Joachim Kahl, ist ein unverwüstliches Fest, das einem realen Bedürfnis entspringt: sich in der dunkelsten und kältesten Zeit des Jahres das Licht und die Wärme zu vergegenwärtigen, die Menschen brauchen, um dem eigenen Leben Orientierung zu geben.

Dabei ist "Weihnachten" ein altes deutsches Wort, das die Nächte um die Wintersonnenwende meint. Diese wurden als "geweiht" gedeutet, weil sich mit der Wintersonnenwende der Sieg des Lichtes über die Finsternis anbahnte und mithin Anlass gab für ein heidnisches Fest des Lichtes, der Freude, der Hoffnung, der Fruchtbarkeit, der Einheit von Sonne und Erde, von Mensch und Natur, der Versöhnung zwischen Mensch und Tier und nicht zuletzt der Versöhnung der Menschen untereinander. Kämpfe zwischen Menschen wurden vorübergehend ausgesetzt, was man als "Julfrieden" bezeichnete.

Auch Joachim Kahl selbst als erklärter Atheist feiert Weihnachten als ein heiteres weltliches Friedensfest der Mittwinterzeit. Ganz bewusst gibt er diesem Fest einen neuen, nachchristlich-humanistischen Sinn mit der Wintersonnenwende als naturgeschichtlicher Grundlage und der Friedensbotschaft als einem Kernbestandteil. Für ihn feiern wir nicht die Menschwerdung Gottes, sondern die Menschwerdung des Menschen, für die der Friede eine entscheidende gesellschaftliche Bedingung ist.

Die Selbstverpflichtung auf Gewaltfreiheit, die Erinnerung an die Möglichkeit der Versöhnung: Weihnachten als ein Fest des Friedens scheint ein guter und lohnender Ansatz, diesem Fest einen bleibenden neuen Sinn zu geben. Es bietet eine Möglichkeit, mich zu vergewissern, was Frieden für mich bedeutet, was ich dazu beigetragen habe und zukünftig beitragen will – in meinen Beziehungen, im politischen Engagement, nicht zuletzt im Verhältnis zu mir selbst.  

Die Möglichkeit eines kleinen Rituals zu Weihnachten ist für mich der Spaziergang zur hier abgebildeten Weltfriedensglocke im Volkspark Friedrichshain. Sie ist ein Symbol für den Weltfrieden. Mehr als 100 Länder, die sich dem UN-Gedanken verpflichtet fühlen, haben die Münzen gestiftet, die dem Guss der Glocke beigegeben wurden. Die Idee der Friedensglocken ging von einem Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Japan aus; heute wird sie weitergetragen durch die Weltfriedensglockengesellschaft in Tokio, die sich in enger Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen für freundschaftliche Beziehungen der Staaten der Welt einsetzt. Die erste dieser Glocken wurde 1954 auf dem Gelände der UN in New York errichtet. Mittlerweile werben sie in vielen Ländern über Grenzen der Staaten und Kontinente hinweg für internationale Verständigung.

Die Friedensglocke in Friedrichshain ist frei zugänglich und kann zum Klingen gebracht werden. Eben dies tue ich an Weihnachten – als tönendes Symbol für den Frieden und als Erneuerung meinens Wunsches an mich selbst und meine Lieben, sich für den Frieden einzusetzen und Gewaltfreiheit zu leben, wann und wo immer möglich.

Wer nicht in der Nähe einer Friedensglocke lebt, kann dies auch in den eigenen vier Wänden tun – es ist nicht so wichtig, was man zum Tönen bringt. Was zählt ist, dies bewusst zu tun – und in diesem Moment ein weiteres Stück mehr Frieden Einzug halten zu lassen.

In diesem Sinne: ein frohes Fest!

Kontakt

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Christian Lisker
Referent für praktischen Humanismus
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