Der Beginn des neuen Schuljahres wird noch einige Probleme im Schulalltag mit sich bringen, die bislang vielleicht nicht bedacht wurden. So wird das Zusammenhalten der Kinder im Klassenverbund durch Religionsunterricht aufgehoben. Lösungsmodelle in den Schulen dürfen dabei nicht auf Kosten von Minderheiten gehen, z. B. von konfessionsfreien Schülern, wie dies eine Kölner Grundschule plant.
Heute beginnt in Nordrhein-Westfalen die Schule mit Schulbesuch auf neue Art. Mit Maske und nach Möglichkeit größerem Abstand außerhalb der Klassenräume werden Schülerinnen und Schüler wieder als ganze Klassen zusammenkommen. Alternative Konzepte, wie kleine Lerngruppen, veränderte Lernformen o.ä., ließen sich offensichtlich nicht umsetzen. Nun zeigt sich am Beispiel des Religionsunterrichts, was die schulische Realität an neuen Problemen mit sich bringt.
Für den Religionsunterricht, der ja ein Bekenntnisunterricht ist, müssten eigentlich die Schülerinnen und Schüler einer Schulklasse nach Konfessionen getrennt eingeteilt werden. Wenn dadurch die katholischen, evangelischen oder ggf. muslimischen Kinder unterschiedlicher Klassen im Religionsunterricht zusammenkommen, ist dies in Pandemiezeiten unerwünscht. Auch die Betreuung konfessionsfreier Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist im Normalfall für die Schulen schon schwierig zu organisieren in Coronazeiten verschärft sich diese Situation. Beispielhaft sei hier aus dem aktuellen Elternbrief einer Kölner Grundschule zitiert:
"Wir verzichten an unserer Schule zunächst auf den nach Konfession getrennten Religionsunterricht, um eine Mischung über mehrere Klassen hinweg zu vermeiden. Die Themen des Religionsunterrichts werden daher weder spezifisch katholisch noch spezifisch evangelisch sein, sondern zu Gunsten eines ökumenischen Religionsunterrichts, der ausschließlich die gemeinsamen Lerninhalten beider Konfessionen aufgreift, weichen. Der "ökumenische Religionsunterricht" wird von einem in katholischer oder evangelischer Theologie ausgebildeten Religionslehrer erteilt und bewertet. Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, bleiben im Klassenraum und arbeiten individuell."
Durch diese Regelung wird die Trennung der Klasse und ein klassenübergreifender Religionsunterricht verhindert. Nun gibt es aber ein Problem mit den vom Religionsunterricht abgemeldeten Kindern. Diese Grundschüler_innen sollen nach Vorgabe der Schulleitung während des Religionsunterrichtes still im Klassenraum bleiben und sich individuell beschäftigen. Ob sie dazu schalldichte Kopfhörer erhalten, ist nicht bekannt.
Manche Eltern und Kinder mögen das tolerieren, wenn ihr Kind passiv am Religionsunterricht teilnehmen muss, andere keineswegs. Dafür haben sie ihr Kind vom Religionsunterricht abgemeldet. Hier muss die Schule verstehen, beachten und umsetzen, dass es ein Grundrecht auf Religionsfreiheit gibt, in diesem Falle das Recht, nicht religiös erzogen zu werden. Der erklärte Elternwille, ein Kind vom Religionsunterricht abzumelden, darf nicht dadurch ignoriert werden, dass es passiv am Religionsunterricht teilnehmen muss.
Wir fordern das Schulministerium in NRW auf, eine solche grundrechtswidrige Praxis umgehend zu untersagen und den Schulen Handlungsempfehlungen zu geben, wie sie unter den Bedingungen der Pandemie Religionsfreiheit gewährleisten können.
Link zum Elternbrief der Gemeinschaftsgrundschule