Heute wurden im Münchner NSU-Prozess die Urteile verkündet. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.
Der Präsident des Humanistischen Verbands Deutschland, Florian Zimmermann, begrüßte das Urteil, erklärte jedoch zugleich, dass die Urteilsverkündung längst keinen Schlussstrich bedeute: "Wir sind weit entfernt von der vollumfänglichen Aufklärung, die von der Bundesregierung versprochen wurde. Nach wie vor fehlen Auskünfte dazu, welche Rolle die Verfassungsschutzbehörden und deren V-Leute gespielt haben. Die vernichteten oder lückenhaft vorgelegten sowie teils für 120 Jahre lang als geheim eingestuften Akten bedeuten das Gegenteil der versprochenen Aufklärung und sind ein Indiz für institutionellen Rassismus."
Zwischen 2000 und 2007 ermordete der NSU neun Menschen türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. Bevor die Neonazi-Vereinigung sich im November 2011 selbst enttarnte und zu den Morden bekannte, wurden diese medial als "Mordserie Bosporus" und "Dönermorde" bekannt – später zu Recht als klischeehaft und rassistisch kritisierte Bezeichnungen, die die Opfer und deren Angehörige stigmatisieren.
"Wir benötigen dringend eine tatsächliche Aufarbeitung der Geschehnisse und die Ergreifung von Maßnahmen, die wirksam verhindern, dass Menschen diskriminiert und rassistisch verfolgt werden. Dieser Prozess ist längst nicht abgeschlossen", so Zimmermann. "Wir müssen uns mit den bestehenden rechtsextremistischen Strukturen auseinandersetzen. Dazu gehört auch, dass jeder von uns sich seiner Verantwortung und seines eigenen Bias‘ bewusst wird: Wenn wir nicht persönlich betroffen sind, sind wir viel zu schnell auf einem Auge blind. Es liegt an uns allen, für die Demokratie einzustehen und die Menschenrechte zu verteidigen."