Aktuell auf humanistisch.de

Wir suchen nicht nach Schwächen, die ­wegtrainiert ­werden müssen, sondern schauen, was das Kind für Stärken hat und bauen auf diesen auf.
Foto: Konstantin Börner Wir suchen nicht nach Schwächen, die ­wegtrainiert ­werden müssen, sondern schauen, was das Kind für Stärken hat und bauen auf diesen auf.

Den Fachkräftemangel können wir nicht allein lösen. Was erwarten Sie hier von der Politik?

Zum einen muss sich die Bezahlung von Fachkräften ändern. Auch wenn Geld nicht alle Probleme löst, bin ich mir sicher, dass wir ohne diese Anerkennung für den Beruf nicht erfolgreich für eine pädagogische Tätigkeit werben können. Die gegenwärtige Bezahlung ist ein Grund, warum sich nicht ausreichend Menschen für diesen Berufsweg entscheiden. Zum anderen wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht ausreichend nachgesteuert, was die Ausbildung von Fachkräften betrifft. Da wurden politische Fehler gemacht, die wir so kurzfristig nicht werden lösen können. Eine Ausbildung dauert nun mal ein paar Jahre. Ich bleibe aber dabei: Wenn sich an der Finanzierung des Berufs nichts ändert, werden auch alle begleitenden Maßnahmen nicht viel helfen.

Unsere Kindertagesstätten geben aktuell auch viel Geld für Leasingkräfte aus, mit denen personelle Ausfälle kompensiert werden. Das wirkt sich auf die pädagogische Qualität aus. Wie fangen Sie das auf?

Da will ich ganz ehrlich sein. Uns gelingt das nicht immer so, wie wir das gern möchten. Sobald wir eine bestimmte Quote nicht ausgebildeter Fachkräfte einsetzen, müssen das die Teams ausgleichen. Denn sowohl Quereinsteiger als auch Auszubildende brauchen Anleitung in den jeweiligen Einrichtungen. Die Teams vor Ort stellt das mitunter vor enorme Herausforderungen und die individuelle Arbeitslast steigt, was dann wiederum zu Erkrankungen und Ausfall führt. Hier setzen wir dann Leasingkräfte ein, aber mit diesen Springer_innen ist Bildungsarbeit nach unseren Vorstellungen kaum zu leisten. Das ist ein enormer Spagat, den wir da zu machen haben. Der Senat möchte nun die Qualitätsanforderungen an Kitas ja noch einmal erhöhen. Das begrüße ich im Grundsatz. Aber solange das Personal fehlt, sehe ich nicht, wie das gelingen soll.

Wie werden denn die Auszubildenden aus unserer Fachschule in unseren Kindertagesstätten integriert?

In jeder unserer Einrichtungen werden Auszubildende eingesetzt. In welchem Ausmaß, das variiert von Kita zu Kita. Erst gestern war ich in einem unserer großen Häuser, wo die Kolleg_innen sehr gerne mit den Auszubildenden zusammenarbeiten und mir gesagt haben, dass sie im Sommer eine sechste Auszubildende in ihr Team aufnehmen wollen. Bei dieser Integration ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass unsere Fachschüler_innen auch nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Kita beschäftigt werden können, in der sie während ihrer Ausbildung waren.

Das Thema "Sexuelle Vielfalt in Kitas" wurde zuletzt viel diskutiert. Wie wird in den Humanistischen Kindertagesstätten damit umgegangen?

Ich kann diese Diskussion überhaupt nicht verstehen, denn bei uns wird das schon seit Jahren gelebt. Die Kinder in unseren Einrichtungen kommen doch aus ganz unterschiedlichen Familien. Da gibt es Kinder aus der klassischen Familie, Kinder, die mit getrennten Eltern oder mit mehr als zwei Elternteilen aufwachsen, es gibt Kinder mit zwei Müttern und Kinder mit zwei Vätern. Wenn wir damit keinen Umgang im Alltag fänden, könnten wir unsere am Kind orientierte Arbeit doch gar nicht machen.

Wo stehen denn die Humanistischen Kindertagesstätten in zehn Jahren in Berlin und Brandenburg?

Wir sind jetzt schon einer der größten Kita-Träger in Berlin. Das bleibt auch so. Ich sehe zudem, dass wir auch in Brandenburg eine wichtige Rolle einnehmen. In zehn Jahren wird man in Berlin und Brandenburg wissen, wer die Humanistischen Kindertagesstätten sind, weil sie zu den stark nachgefragten Einrichtungen gehören. Ganz egal, ob bei Eltern, Pädagog_innen oder Verwaltung, unsere Kitas werden eine gute Adresse sein.

Dieses Interview ist im Geschäftsbericht 2017 des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg erschienen.