Aktuell auf humanistisch.de

Problembeschreibung

Obwohl bis heute Demokratiedefizite im Verhältnis zwischen den Institutionen der Europäischen Union und den sie bildenden Bürger/innen bestehen, ist das Europäische Parlament in globaler Perspektive immer noch ein Vorbild für eine Demokratisierung von politischen Prozessen in überstaatlichen Zusammenhängen. Wir sind uns mit zahlreichen politisch, gesellschaftlich und anders renommierten Stimmen in vielen Ländern der Welt einig, die eine Demokratisierung der Vereinten Nationen als wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung der großen globalen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, bezeichnen.

Wir wollten wissen:

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Bundesrepublik Deutschland aktiv und eigenständig für eine Demokratisierung der Vereinten Nationen, wie bspw. durch die Stärkung der Partizipation der bestehenden Parlamente ihrer Mitgliedstaaten an den Prozessen der VN, sowie perspektivisch durch die Schaffung eines direkt gewählten Weltparlamentes, wirbt und entsprechende Initiativen unterstützt und fördert?

(Die Reihenfolge der Antworten bestimmt sich nach Eingangsdatum, zuerst eingegangene Antworten werden zuerst aufgeführt.)

Antwort | DIE LINKE

DIE LINKE setzt sich für eine Demokratisierung der Vereinten Nationen ein. Wir wollen den VN-Sicherheitsrat um Länder des Südens erweitern, statt weiterhin auf einen deutschen ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat zu pochen. Die VN-Generalversammlung wollen wir gegenüber dem VN-Sicherheitsrat aufwerten und mit weitergehenden Rechten ausstatten.

Die sozial- und wirtschaftspolitischen Kompetenzen der VN müssen gestärkt – und damit von selbstermächtigten Foren wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos oder der G7 zurückgeholt werden. Wir fordern deshalb schon lange die Aufwertung des VN-Wirtschafts- und Sozialrats zu einem Weltwirtschaftrat. Dieser muss mit den notwendigen Mitteln ausgestattet werden, um Not und Elend, aber auch die ungerechte Armuts- und Reichtumsentwicklung wirksam bekämpfen sowie die Verwirklichung der sozialen Menschenrechte weltweit gewährleisten zu können.

Um den Einfluss privater Akteure auf die VN zurückzudrängen, müssen die Basisbeiträge deutlich angehoben werden. Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass die Ausgaben der VN für Militäreinsätze zugunsten der Mittel für Hungerbekämpfung, friedlicher Konfliktbearbeitung und ziviler Krisenprävention gesenkt werden.

Antwort | CDU/CSU

CDU und CSU begrüßen, dass der Deutsche Bundestag einen besonderen Unterausschuss "Vereinte Nationen, Internationale Organisationen und Globalisierung" eingesetzt hat. Auf der Tagesordnung stehen regelmäßig unter anderem das Engagement der Vereinten Nationen bei der Bewältigung internationaler Krisen, ihre Rolle bei der Realisierung einer Nachhaltigen Entwicklung (Agenda 2030), die Aktivitäten der G-8- und G-20-Staatengruppen, die Arbeit des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank sowie die Tätigkeit der Welthandelsorganisation WTO. CDU und CSU haben in ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm 2017-2021 festgehalten, dass wir für den vernetzten Ansatz eine zentrale Koordinierung auch im Parlament schaffen wollen. Dies wird eine der ersten Aufgaben des neugewählten Deutschen Bundestages sein. Einer Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung der Vereinten Nationen stehen wir nach Klärung praktischer Fragen offen gegenüber. Die Schaffung eines direkt gewählten Weltparlaments ist in absehbarer Zukunft wohl nicht realisierbar, weil noch in vielen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen keine freien, demokratischen Wahlen möglich sind.

Antwort | Bündnis 90/Die Grünen

Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren. Die Anerkennung des Gewaltmonopols der Vereinten Nationen ist eine Voraussetzung dafür. Die VN sind derzeit aber nur so stark, wie ihre Mitgliedstaaten es erlauben. Eine weitere Demokratisierung ist daher von besonderer Bedeutung. Wir fordern daher etwa eine intensivere Einbindung der nationalen Parlamente in die Entscheidungsprozesse der VN. Bereits jetzt engagieren wir uns besonders stark in der Interparlamentarischen Union (IPU), die allerdings noch nicht unmittelbar in das VN-System integriert ist und lediglich Beobachterstatus genießt. Generell wollen wir, dass Deutschland sich im Rahmen der VN und ihrer Unterorganisationen viel stärker finanziell und personell engagiert. Wir wollen die Vereinten Nationen ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit rücken.

Antwort | SPD

Die existenziellen Probleme der Menschheit können nur gemeinsam gelöst werden. Dazu brauchen wir starke und handlungsfähige Vereinte Nationen. Wir treten dafür ein, die Vereinten Nationen auszubauen als oberste Instanz einer globalen Rechtsordnung. Um die Legitimation der Vereinten Nationen zu erhöhen, müssen ihre Institutionen reformiert und demokratisiert werden, auch um eine Stärkung der Effizienz und Transparenz zu befördern. Dafür müssen die Strukturen an eine multilaterale Welt angepasst werden. Wir wollen die Rechte der VN-Vollversammlung und die Stellung des VN-Generalsekretärs stärken. Die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen könnte möglicherweise die demokratische Legitimation der VN erhöhen.

Darüber hinaus plädieren wir für einen Globalen Rat der Vereinten Nationen für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik, um wirtschaftliche Interessen, soziale Bedürfnisse und ökologische Notwendigkeiten aufeinander abzustimmen und die Gefahren unkontrollierter Kapitalbewegungen, soziales und ökologisches Dumping begrenzen zu helfen.

Antwort | FDP

Die Vereinten Nationen sind eine zwischenstaatliche Organisation, in der jeder Mitgliedsstaat über die VN-Generalversammlung mit gleichem Stimmrecht vertreten ist. Es ist zwar grundsätzlich erstrebenswert, die Transparenz aber auch die Effizienz bei der Vereinten Nationen zu verbessern, die direkte Wahl eines VN-Parlamentes wäre hierzu jedoch kein praktikables Mittel. Stattdessen sollte die Bundesregierung sich darauf konzentrieren, die längst überfällige Reform des VN-Sicherheitsrates voranzutreiben.