Informationsbrief für Eltern und Bezugspersonen
Der Berliner-Arbeitskreis Sexualpädagogik informiert Eltern, Bezugspersonen und Lehrer_innen zu den sexualpädagogischen Veranstaltungen und hat dafür im September 2015 das nachfolgende Schreiben herausgegeben.
"Liebe Eltern und Bezugspersonen,
im Rahmen des Schulunterrichts besucht Ihr Kind eine sexualpädagogische Veranstaltung. Mit diesem Elternbrief möchten wir Sie über die Ziele, den Inhalt und die Form unserer Arbeit informieren.
Ziel und Aufgabe der Sexualpädagogik ist neben der Wissensvermittlung die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, Toleranz, Wertschätzung und gegenseitigen Rücksichtnahme. Damit wird die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben, auch in Bezug auf soziale Beziehungen und Sexualität gelegt. Nachweislich können sich junge Menschen durch Aufklärung besser vor sexuellen Grenzverletzungen schützen.
Die Pubertät ist eine Lebensphase, die oft mit vielfältigen Verunsicherungen verbunden ist. Es ist wichtig, dass Jugendliche dabei nicht mit ihren Fragen und Erfahrungen alleine gelassen werden. Teenager schätzen kompetente, erwachsene Ansprechpersonen zusätzlich zur schulischen und familiären Lebenswelt. Die Inhalte der sexualpädagogischen Veranstaltung orientieren sich maßgeblich an den Anliegen der Jugendlichen. Das beinhaltet eine altersentsprechende Auseinandersetzung mit Themen rund um`s Erwachsenwerden. Diese können zum Beispiel Pubertät, Gefühle, Körperwissen, Liebe, Beziehungen, Sex und Zärtlichkeit sein. Auch Identitäten, Geschlechterrollen und Klischees, kritischer Umgang mit Medien, Informationen über Schwangerschaftsverhütung und sexuell übertragbare Infektionen können besprochen werden.
Wichtig für eine behutsame Sexualerziehung ist eine respektvolle Sprache und eine geschützte Atmosphäre. Die Jugendlichen bestimmen selbst, wie intensiv sie bei den jeweiligen Angeboten und Themen mitmachen. Methodisch arbeiten wir in unseren Veranstaltungen mit Gesprächen, Abbildungen, Zeichnungen, Modellen, Filmen, Spielen, Übungen und Broschüren (beispielsweise der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Gegebenenfalls findet die Veranstaltung in geschlechtergetrennten Gruppen statt.
Wir freuen uns, wenn Sie im Sinne Ihrer eigenen Wertvorstellungen mit Ihrem Kind im Austausch sind. Für viele Jugendliche ist es wichtig zu wissen, dass ihre Eltern auch zu diesen Themen ansprechbar sind.
Sollten Sie ein weiterführendes Interesse haben, verweisen wir auf die Broschüren "Über Sexualität reden" der BZgA, auf www.bzga.de bestell- bzw. downloadbar. Als Lesetipp gemeinsam mit ihrem Kind (empfohlen ab 11 Jahre): von HOLLEBEN, Jan/ HELMS, Antje: "Kriegen das eigentlich alle? Die besten Antworten zum Erwachsenwerden", Gabriel Verlag, 2013
Mit freundlichen Grüßen
Chris Heike Lau Diplom Sozialpädagogin/Sexualpädagogin
Schwangerenberatung Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg"
Berlin, März 2021
Positionspapier sexualpädagogischer Träger in Berlin
Deutschlands Jugendliche sind Spitzenreiter im Verhütungsverhalten (vgl. Jugendsexualität, 2015, BZgA), und die Zahlen der Teenagerschwangerschaften sind seit Jahren konstant niedrig. Das sind nur zwei von vielen positiven Resultaten der im europäischen Vergleich in weiten Teilen vorbildlichen Sexualpädagogik in Deutschland (vgl. Sexuality Education in Europe and Central Asia, 2018, BZgA).
Dennoch wird diese zunehmend öffentlich hinterfragt, obwohl das Angebot längst nicht dem tatsächlichen Bedarf gerecht werden kann. Das nehmen wir zum Anlass unsere fachlichen Standpunkte und Forderungen im Folgenden deutlich zu formulieren.
Wir und unsere Ziele
Wir sind professionell sexualpädagogisch tätige Institutionen und freiberufliche Fachkräfte in Berlin. Wir arbeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Formaten und bilden damit die Vielfalt Berliner Lebenswelten ab. Unser gemeinsames Ziel ist es, die sexuelle Selbstbestimmung jedes Menschen zu fördern. Wir bestärken sie darin, sich damit auseinanderzusetzen, wie sie ihre Beziehungen und ihre Sexualität leben möchten. Wir fördern Menschen jeden Alters darin, ihre eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu vertreten sowie die Grenzen anderer zu erkennen und zu respektieren.
Konkrete Ziele:
- die Förderung der sexuellen Gesundheit,
- die Verringerung der Zahl ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche sowie
- die Prävention von sexualisierter Gewalt.
Wir möchten einen Raum schaffen, in dem sich Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung und Identität, ihrem Alter, ihrem sozialen Status sowie Behinderungen wertgeschätzt und sicher fühlen.
Grundlagen für unsere Arbeit sind dabei:
- der Berliner Rahmenlehrplan, in dem die Themen der sexuellen Bildung sowie Diversity und Gesundheitsförderung vorgegeben sind,
- die Konzepte und Standards der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Weltgesundheitsorganisation,
- die sexuellen und reproduktiven Rechte als Teil der Menschenrechte.
Unsere Arbeitsstandards
- Wir arbeiten fachlich fundiert sowie altersangemessen und kommen so dem Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung nach. Dafür nutzen wir entwicklungsgerechte Sprache, Methoden und Materialien.
- Wir vermitteln Wissen unter anderem zu Methoden der Verhütung, Familienplanung und zur sexuellen Gesundheit.
- Wir arbeiten diskriminierungskritisch und treten aktiv für die Vielfalt der gelebten sexuellen Orientierungen, Geschlechtsidentitäten und Formen des Zusammenlebens ein.
- Themen, eingesetzte Methoden und Materialien sind für Lehrkräfte und Eltern transparent. Wir verstehen uns als professionelle Ergänzung zur schulischen und familiären Sexualaufklärung.
- Wir beachten individuelle Schamgrenzen und geben ohne vorherige Absprache keine persönlichen Informationen der Kinder und Jugendlichen weiter.
Forderungen
Die Kapazitäten der bestehenden Angebote zur sexuellen Bildung reichen bei weitem nicht aus, um die steigende Nachfrage in Berlin zu decken. Schon jetzt haben viele Schüler*innen nicht die Möglichkeit, außerschulische Angebote zur sexuellen Bildung und Beratung wahrzunehmen, obwohl dies in den Berliner Rahmenlehrplänen verankert ist.
Wir fordern:
- Ein klares Bekenntnis der demokratischen Parteien in Berlin zur sexuellen Bildung im gesetzlichen Rahmen!
- Eine sichere und langfristige Finanzierung der bestehenden professionellen Beratungs- und Bildungsangebote.
- Ausbau des Angebots bestehender und neuer Träger gemäß dem wachsenden Bedarf.
- Integration von sexueller Bildung und Präventionsarbeit als Querschnittsthemen in pädagogischen Ausbildungs- und Studiengängen.
- Sicherstellung von Qualitätsstandards durch höhere Fortbildungsbudgets.
Bildungskollektiv Berlin
Jugendbereich Mann-O-Meter
pro familia Berlin e.V.
LSVD Berlin-Brandenburg e.V.
Familienplanungszentrum BALANCE
Bund der Deutschen Katholischen Jugend
donum vitae Berlin-Brandenburg e.V.
Staatl. anerkannte Beratungsstelle
für Schwangerschaft,
Schwangerschaftskonflikt
und Familienplanung
Daniela Kühling, M.A., Sexualpädagogin
(gsp) und Coach, Dozentin für vorurteilsbewusste,
geschlechterreflektierende und Sexuelle Bildung
Mit Sicherheit Verliebt Berlin
Schwangerschaftskonfliktberatung
HVD KdöR
sexpäd.berlin
Albatros-Lebensnetz gGmbH
Schwangeren- und Familienberatung
und Schwangerschafts- und
Konfliktberatung
Hella-Klub für Mädchen*
und junge Frauen*,
Einrichtung der offenen Kinder
und Jugendarbeit
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
von Berlin,
Abteilung Familie, Personal und Diversity,
Straßen- und Grünflächenamt,
Jugendamt-Erziehungs-
und Familienberatung
– Prävention Kinderschutz –
Zentrum für sexuelle
Gesundheit und Familienplanung
in Charlottenburg-Wilmersdorf
Zentrum für sexuelle
Gesundheit und Familienplanung
in Friedrichshain/Kreuzberg
Zentrum für Familienplanung
Steglitz-Zehlendorf
Zentrum für sexuelle Gesundheit
und Familienplanung
Marzahn-Hellersdorf
Thomas Wilke, Sexualpädagoge
Stefan Müller, Sexualpädagoge