Wegen der Coronapandemie konnten die JugendFEIERn auch 2021 nicht wie gewohnt stattfinden. Stattdessen entwickelte der Verband ein digitales Format. Dabei konnten die unermüdlichen Organisator_innen nicht nur viel für künftige Feiern lernen.
Eine Reportage von TOBIAS EẞER
Die JugendFEIERn sind ein wichtiger Teil des humanistischen Lebenswegs. Nachdem sie 2020 wegen der Pandemie auf das folgende Jahr verschoben wurden, kam eine Absage für die Landesarbeitsgemeinschaft des Verbandesin 2021 nicht in Frage. Andere Optionen mussten ausgelotet werden. "Eine Option wäre eventuell eine Open-Air-Feier im Sommer gewesen", erzählt KERSTIN GREUNKE. Sie ist beim Landesverband Projektleiterin für die Jugend-FEIERn in Brandenburg und ein Teil der Landesarbeitsgemeinschaft. "Das wäre allerdings eine wahnsinnig riskante Sache gewesen. Zum einen gibt’s nicht überall gute Locations, wo man die Feier hätte ausrichten können. Und vom schlechten Wetter wollen wir gar nicht reden", lacht sie. "Da wir ja nun mal Humanist_innen sind, haben wir keine_n Ansprechpartner_in im Himmel, der unsgutes Wetter schicken könnte."
Eine gemeinsame Lösung wird entwickelt
Nach längeren Überlegungen entstand dann die Idee, alle JugendFEIERn digital stattfinden zu lassen. Die Entwicklung des Konzepts der sogenannten JugendFEIER@Home habe einige Köpfe rauchen lassen, erzählt THOMASFEHSE. Er leitet die Abteilung Jugend im Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg und war an der Entwicklungund Planung beteiligt. Eine der Schwierigkeiten bestand für die Planenden darin, ein Konzept für die JugendFEIER@Home zu finden, mit der alle Regionalverbände und der Landesverband zufrieden waren. "Wir haben uns gesagt: wenn, dann richtig. Und dann digital und hochwertig", erzählt Fehse.
ANETT FRONTZEK ist Projektleiterin für die JugendFEIERn in Berlin. Auch sie war als Teil der Landesarbeitsgemeinschaft an der Planung der digitalen JugendFEIERn beteiligt. "Wir haben uns während der Planungsphase überlegt, einen Film zu drehen", erzählt sie. Den sollten die Jugendlichen im Kreise ihrer Familie und Freund_innen zu dem Zeitpunkt abspielen, an dem sonst die JugendFEIERn stattfinden sollten.
Bei dem Vorhaben zogen alle Regionalverbände und der Landesverband an einem Strang, erinnert sich Kerstin Greunke. Denn nicht jeder Regionalverband hätte eine eigene digitale JugendFEIER planen und aufzeichnen können. "Dafür sind manche einfach zu klein und haben nicht die Man-/Womanpower", so Greunke.
Über Anett Frontzek kam dann der Kontakt zum ClubSO36 zustande. Die Landesarbeitsgemeinschaft fällte die Entscheidung, die Location für ein Wochenende zu mieten und die JugendFEIERn für alle Teilnehmenden dort aufzuzeichnen.
Beim Dreh war es wichtig, die geltenden Corona-Bestimmungeneinzuhalten, erinnert sich Kerstin Greunke. Auch ein umfangreiches Showprogramm stellten die Macher_innen auf die Beine. Das sei zwar nicht zwingend ein Teil der JugendFEIERn, erzählt Thomas Fehse. "Aber wir sind der Meinung, dass das Programm den Jugendlichen sehr viel näher kommt, wenn wir auch zeitgemäße Elemente nutzen und so eine Feier dann eben auch feierlich gestalten."
Nicht alle digitalen Veranstaltungen konnten livestattfinden
Kerstin Greunke erinnert sich gerne an die Aufzeichnung der Show-Elemente: "Das war super", sagt sie. "Wir hatten verschiedene Bands da, wir hatten Leute aus dem Friedrichstadt-Palast da, es waren Leute vom Regionalverband Nordbrandenburg da und auch die Theater-Kids aus Rüdersdorf hatten wir", erzählt Greunke. Besonders verdient machten sich in der Vorbereitung und Umsetzung die Kolleg_innen CHRIS GREUNKE, ANNE-KATHRINGRIESE und JAN MIELES, deren unermüdlicher Einsatz die hochwertige Produktion erst möglich machte.
Die Aufzeichnung der Festakte selbst war ebenfalls kompliziert. "Wir haben drei verschiedene Modelle für die Namensnennungen der Jugendlichen produziert", sagt Greunke. Manche Regionalverbände moderierten Elemente der Feierstunden live, bei anderen war das nichtumsetzbar. "Das Internet auf dem platten Land war eine Herausforderung", erklärt Kerstin Greunke. "Die Gegend der Prignitz, das Havelland, Teile von Brandenburg an der Havel: Das sind Regionen, die sind internetmäßig tot. Da wäre eine Live-Übertragung mit Moderation nichtmachbar gewesen, weil am Ende keine_r hätte zuschauen können. Ein Film, der heruntergeladen und jederzeit abgespielt werden kann, ist da einfach die bessere Alternative."
Selbstverständlich musste auch die digitale Version der JugendFEIER einen festlichen Anstrich bekommen. Deshalbentwarfen die Organisator_innen für alle Jugendlichen eine JugendFEIER@Home-Box. Darin enthalten war auch eine Anleitung für die Eltern der Jugendlichen. "Wir haben den Eltern gesagt, dass sie zuhause alles schön machenkönnen. Dass sie sich vielleicht schick anziehen fürdie JugendFEIER und nicht unbedingt in Jogginghose vor dem Fernseher sitzen sollten."
Auch die Feier an sich sollte von Freund_innen und Familie groß aufgezogen werden. "Je schöner man es vorbereitet und je feierlicher es zuhause ist, desto besonderer ist dann die Erfahrung vor dem jeweiligen Endgerät", erklärtGreunke. "Wir haben vorgeschlagen, dass sich die Familien einen Beamer und eine Leinwand mieten sollen. Wir wollten, dass das alle groß aufziehen." Manche Eltern hätten diesen Appell ziemlich ernst genommen, erinnert sich Anett Frontzek: "Einige Familienhaben ein riesiges Open-Air-Fest daraus gemacht. Wir haben da tolle Fotos bekommen!"
Das große Projekt schweißt zusammen
Ganz stressfrei liefen die JugendFEIERn für die Organisator_innen allerdings nicht ab, erinnert sich Kerstin Greunke: "Wir haben alle Überstunden gemacht. Ich habe teilweise samstags, bevor die Feier losging, Pakete zu den Jugendlichen gebracht, weil diese auf dem Postwegverloren gegangen waren. Der Einsatz aller Kolleg_innen in den Regionalverbänden war super. Da entwickelte sich ein richtiges Wir-Gefühl."
Dieses Wir-Gefühl entstand allerdings nicht nur zwischen den Regionalverbänden. Auch das Verhältnis zum Landesverband wurde durch die Organisation der JugendFEIER@Home nachhaltig gestärkt. "Das hat wirklich auf beiden Seiten enorme Gewinne gebracht. Wir konnten da gemeinsam voranschreiten", erzählt Thomas Fehse. Und Kerstin Greunke fügt hinzu: "Der Rückhalt des Landesverbands war die ganze Zeit da. Natürlich konnten die Regionalverbände die Kosten nicht alleine stemmen, aber der Landesverband hat uns immer versichert, dass die Rechnungen für das SO36 und die Produktionsfirma bezahlt und hinterher aufgeteilt würden. Dieser Rückhalt hat uns motiviert und ohne ihn hätte das ganze Konzept nicht funktioniert."
Anett Frontzek will noch einen anderen Aspekt für künftige JugendFEIERn mitnehmen: "Kommunikation ist alles. Es geht immer darum, die Beteiligten abzuholen. Wir wollen künftig viele Prozesse offenlegen und transparentmachen", erklärt sie. "Manche Eltern waren ziemlich sauer, dass die JugendFEIER ‘nur’ digital stattfindet. Die habe ich dann zurückgerufen, ihnen erklärt was wir vorhaben. Zu 99 % waren sie danach beschwichtigt."
Digitaler sollen die JugendFEIERn zudem zukünftig in jedem Fall werden. Sie werden gestreamt – auch, wenn siewieder in Präsenz stattfinden. Denn so können auch Verwandte zuschauen, die gerade nicht zur Feier kommen können. Das soll das Fest noch tiefer im Leben aller Beteiligtenverankern und für weitere schöne Erinnerungen sorgen.