von Jonas Grutzpalk
Bielefeld und Ostwestfalen-Lippe sind seit langer Zeit durch Migration geprägt. Das bringt u.a. auch die religiös-weltanschauliche Landschaft in Bewegung. Neben dem Islam sind auch andere orientalische Religionen sind mittlerweile in unserer Region zu Hause. So ist Ostwestfalen–Lippe eines der Hauptsiedlungsgebiete für Jesiden in Deutschland, eine Glaubensgemeinschaft, die auf deutlich vorislamische Wurzeln verweisen kann. Und auch die Alevitische Gemeinde ist in Ostwestfalen gerade in ihrer Jugendarbeit sehr aktiv.
Der Humanistische Gesprächskreis Bielefeld wollte nun in einem Gespräch mit Vertretern dieser Religionsgemeinschaften ausloten, wie Humanismus und Religion in der sich wandelnden weltanschaulichen Landschaft in Deutschland zueinander finden können. Dieses fand am 22. September in der Bürgerwache am Siegfriedplatz statt.
Der Moderator Klaus Rees hob einleitend hervor, wie wichtig und gut es sei, dass es in Bielefeld gelinge, so viele so unterschiedliche religiöse Vorstellungswelten friedlich miteinander leben zu lassen. Es war die heimliche Frage des ganzen Abends: wie dieses Zusammenleben gelingt und wie es in Zukunft weiterhin gelingen kann. Dabei zeigten sich alle Diskussionsteilnehmer an einer fortgesetzten Debatte lebhaft interessiert: am Ende des Abends wurde von allen Teilnehmenden gefordert, diese Runde zu erweitern und das Gespräch auch mit anderen Religionsgemeinschaften zu suchen.
Zehra Arslan, Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe Bethel, sprach als Vertreterin des Bündnisses Islamischer Gemeinden, dem Dachverein der muslimischen Einrichtungen in Bielefeld. Sie verwies auf ihre Erfahrung als sunnitische Muslimin in einer protestantischen Einrichtung, in der sie auch viel mit jesidischen Familien zu tun habe, um den von Klaus Rees angesprochen Bielefelder Konsens der Religionen zu bestätigen.
Der Zahnarzt Dr. Ali Khalaf ist Vorstand im Verein Ezidxan International AID e. V. zudem auch im Vorstand des Zentralrat der Eziden in Deutschland. Er machte in seinen Beiträgen deutlich, dass auch innerhalb der Jesidischen Gemeinde eine Vielfalt an Ansichten über die Auslebung der Religion im Alltag bestünde.
Der Diplom-Ingenieur Cemalattin Özer, Mitglied im Vorstand der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V., machte deutlich, dass es Aufgabe einer Religionsgemeinschaft sei, die Jugendlichen in ihrer Umwelt zu integrieren und ihnen dabei zu helfen, eine Identität aufzubauen, die ihnen ein selbstbewusstes und friedliches Leben ermögliche.
In der Fragerunde, ob sie einer Ehe ihrer Kinder mit Andersreligiösen zustimmen würden machte Ralph Würfel (HVD NRW) mit seiner Antwort, er wäre vermutlich "enttäuscht", würde sich aber natürlich der freien Entscheidung nicht in den Weg stellen deutlich, wie ähnlich sich die am Tisch versammelten Weltanschauungen in diesem Punkt waren. Denn die gleiche Antwort gaben – in eigenen Worten – letztlich alle.
Was auffällig war: an diesem Abend wurde viel gelacht. Das buntgemischte Publikum von ca. 30 Personen schien sich stillschweigend und heiter auf einen sehr humanistischen Ansatz geeinigt zu haben: wir sind alle Menschen und wollen unsere Leben so gut wie möglich zusammen gestalten.