Aktuell auf humanistisch.de

  • Foto: Konstantin Börner

Senats-Kürzungskahlschlag trifft ganz besonders die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft

Berlin, 11. September 2023. In Berlin leben viele Kinder und Jugendliche, die aufgrund von schweren Behinderungen oder schweren und lebensverkürzenden Erkrankungen schwer pflegebedürftig sind. Diese Kinder und ihre Familien sind extrem belastet und zählen zu den Schwächsten unserer Gesellschaft. Das Familienleben ist auf die Pflege und Versorgung der kranken Kinder fixiert.

Seit 15 Jahren unterstützt die Fachstelle MenschenKind pflegende Eltern so, dass die Kinder in ihren Familien zu Hause aufwachsen können. Aus der Arbeit resultiert nicht nur die Verbesserung der Versorgung, sondern auch die Vermeidung hoher Folgekosten. David Driese: „Unkoordinierte und nicht bedarfsgerechte Versorgung führt zu teuren Therapien, mehr Klinikaufenthalten und auch die Eltern drohen dem Arbeitsmarkt verloren zu gehen. Ein abgestimmtes und effizientes Handeln der Fachkräfte nimmt daher einen hohen Stellenwert ein. In Zeiten des Fachkräftemangels mehr denn je.“

Seit 2008 wurde die Fachstelle MenschenKind durch die Senatsverwaltung gefördert. Aufgrund allgemein ansteigender Bedarfe, insbesondere auch in Miete und Energie, benötigt das Projekt einen finanziellen Aufwuchs, um den wachsenden Bedarf an Personalkosten (Tarifsteigerungen) sowie die angestiegenen Sachkosten bewältigen zu können. Ausgehend von der Zuwendungssumme in diesem Jahr ist stattdessen eine Kürzung von 25 Prozent vorgesehen.

„Drastische Mittelkürzung bei der Fachstelle MenschenKind hätte mittelfristig erheblich Folgen für das Wohlergehen dieser Kinder und ihrer Familien zur Folge“, prognostiziert David Driese.

Die Kontaktstellen PflegeEngagement (KPE) gibt es als Zuwendungsprojekte in allen Berliner Bezirken. Das Geld kommt zu gleichen Teilen von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege und den Pflegekassen. Die Aufgabe der KPE ist die Unterstützung der schwer belasteten pflegenden Angehörigen. Die KPE-Anlaufstellen bieten Entlastungsgespräche, Selbsthilfegruppen, unterstützen durch ehrenamtlich aktive Helfer*innen, bieten fachliche Informationen und Unterstützung. Alleine im letzten Jahr begleiteten die Projekte in Berlin 222 Pflege-Selbsthilfe-Gruppen, sie hatten 357 ehrenamtliche Unterstützer*innen im Einsatz und entlasteten mehr als 2.000 betroffene Menschen in ihrer Häuslichkeit.

Wenn die Kürzungen mit 20 Prozent wie geplant umgesetzt würden, bedeutet das konkret die Kündigung von Mitarbeiter*innen, die Reduzierung der Selbsthilfegruppen, das Zurückfahren der ehrenamtlichen Unterstützungsstruktur sowie die Reduzierung aller Angebote.

David Driese: „Es ist vollkommen unverständlich, weshalb diese notwendige und gut funktionierende Arbeit für die pflegenden Angehörigen nun durch drastische Kürzungen torpediert werden soll. 84 Prozent aller Pflegebedürftigen werden zu Hause durch Angehörige versorgt. Ausgerechnet hier zu kürzen, ist eine Aushöhlung des Grundpfeilers unseres Pflegesystems. Das ist nicht nur unvernünftig, es ist auch unanständig.“

Der Tagestreff für obdachlose Menschen in Lichtenberg bietet von akuten Notfällen bis zu chronischen Erkrankungen medizinische und zahnmedizinische Grundversorgung, die anderenorts kaum für Obdachlose zur Verfügung steht. Auch hier ist eine Kürzung von 20 Prozent vorgesehen. Der Verband muss nun prüfen, inwieweit dieses wichtige, jedoch schon jetzt unterfinanzierte Angebot künftig weiter zur Verfügung gestellt werden kann.

„Gerade bei der gesundheitlichen Versorgung der Obdachlosen im Tagestreff gibt es viele Patient*innen, die nicht durch die Regelfinanzierung der Kassen abgerechnet werden können. Hier gehen wir schon Jahre in Eigenleistungen und die Kolleg*innen in Überlast. Jetzt werden wir in die Situation gezwungen, Menschen reihenweise abzuweisen. Das ist nicht unser Selbstverständnis, und somit steht das ganze Projekt infrage. Wir sind gänzlich schockiert über die Signale der Senatsverwaltung und hoffen auf ein klares Bekenntnis zu einem menschlichen Berlin durch die politischen Kräfte“, sagt David Driese.

Kontakt

Bild des Benutzers Uwe Dolderer
Uwe Dolderer
Pressesprecher
0171 83 19 985