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Impfen ist humanistisch! Ein Statement zur aktuellen Lage

Berlin, 8. Dezember 2021.

Wir befinden uns aktuell in einer sehr schwierigen Lage – das Coronavirus greift um sich. Die Inzidenz liegt in manchen Teilen Deutschlands bei weit über 1.000 Infizierten pro 100.000 Einwohner_innen. Unser Gesundheitssystem gerät erneut an seine Belastungsgrenze, an vielen Orten müssen geplante Behandlungen bereits abgesagt oder verschoben werden.

Um diese Lage zu meistern, braucht es nun ein schnelles Handeln der Politik und der Gesellschaft. Unsere humanistischen Freund_innen in Hessen haben dazu ein persönliches, starkes Statement veröffentlicht. Diesem möchten wir uns als Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg uneingeschränkt anschließen und veröffentlichen es deshalb hier nun im Wortlaut noch einmal:

Wann, wenn nicht jetzt? – Wer, wenn nicht wir? Ein Plädoyer fürs Impfen

Erneut sind wir mitten in einer Corona-Welle und weitere sind aktuell nicht auszuschließen. Das bedeutet: Sehr viele Menschen erkranken wieder, manche müssen sogar intensiv-medizinisch behandelt werden, leiden wochen-, monate- vielleicht jahrelang unter Post-Covid und ja: Es sterben wieder viele, zu viele Menschen. Schon jetzt sind es über 200, teilweise über 300 Menschen am Tag. Und die Zahlen werden aller Wahrscheinlichkeit nach zum Jahresende noch weiter steigen!

Das Bitterste aber ist: Wir hätten diese Entwicklung relativ einfach verhindern können. In Rekordzeit ist es Wissenschaftler*innen gelungen, wirksame und sichere Impfstoffe zu entwickeln und im großen Maßstab herzustellen. Allein es fehlt bei einem Drittel der Bevölkerung an der Bereitschaft sich impfen zu lassen!

Diese Zurückhaltung ist vom Standpunkt des praktischen Humanismus, der sowohl auf kritischem, rationalem Denken als auch auf Empathie und Solidarität beruht, unbegreiflich.

Eine Binsenweisheit lautet: Die Freiheit des Einzelnen gilt nicht schrankenlos. Sie endet dort, wo Freiheit und körperliche Unversehrtheit anderer betroffen sind. Für humanistisch gesonnene Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Freiheit immer mit Verantwortung einhergeht. Anderenfalls würde sie abgleiten in Narzissmus und Rücksichtslosigkeit.

Von der Warte des kritisch-rationalen Humanismus ist ebenso selbstverständlich das Bemühen, Entscheidungen aus den verfügbaren evidenzbasierten wissenschaftlichen Erkenntnissen abzuleiten.

Und der wissenschaftliche Konsens zur Impffrage besagt eindeutig: Impfen schützt! – Sowohl den einzelnen Geimpften als auch die Gesellschaft.

Ja, der Impfstoff wurde in Rekordzeit entwickelt. Und doch gab es keinen Rabatt in Sicherheitsfragen vor der Zulassung. Darüber hinaus gab es noch nie Impfstoffe, deren Sicherheit und Nebenwirkungen so sorgfältig beobachtet wurden wie die Corona-Impfstoffe. Schlicht weil noch nie so viele Menschen in so kurzer Zeit geimpft wurden. Das schafft eine nie dagewesene statistische Klarheit, um sogar sehr seltene Nebenwirkungen überhaupt erst zu bemerken.

Nein, Langzeitfolgen sind nicht zu befürchten. Was sich nicht binnen 6 Tagen nach der Impfung zeigt, zeigt sich auch nicht 6 Wochen, geschweige denn 6 Jahre nach der Impfung.

Ja, auch Geimpfte können sich trotz Impfung infizieren, können trotz Impfung erkranken, können trotz Impfung andere anstecken. Aber all das ist weit weniger wahrscheinlich als bei Ungeimpften. Die Viruslast ist bei infizierten Geimpften deutlich niedriger, der Krankheitsverlauf deutlich milder. In Abwandlung von Bill Clinton möchte man ausrufen: It’s the statistic, stupid! – Das macht es vielleicht auch so abstrakt, für manche leider zu abstrakt! – Doch die Impfung schützt, die Statistik ist eindeutig. Tragische Gegenbeispiele gibt es, aber sie fallen im Vergleich nicht ins Gewicht. Die Statistik schlägt die Anekdote … aufgrund der schieren Masse!

Ja, die politischen Entscheidungsträger*innen haben es zugelassen, dass heute weniger intensiv-medizinisches Personal und damit weniger Intensiv-Betten zur Verfügung stehen als vor einem Jahr. Es ist richtig, dass hier politisch umgesteuert werden muss und dass sich das Problem durch dieses Politik-Versagen ausgerechnet jetzt verschärft. Aber ist das ein Grund sich nicht impfen zu lassen? Nein, natürlich nicht! Jede*r sollte das Seine tun, um die Situation zu entschärfen. Sich impfen lassen schließt keineswegs aus, Herrn Spahn oder andere Entscheidungsträger*innen zu kritisieren!

Nein, die Frage, ob man sich impfen lassen soll oder nicht, ist nicht mehr eine rein private Frage! Alle, die sich nicht impfen lassen, obwohl keine medizinischen Gründe dagegensprechen, belasten die Allgemeinheit.

Es ist jedem zu wünschen, dass er im Falle eines Herzinfarkts oder eines schweren Verkehrsunfalls schnellstmöglich in das nächst gelegene Krankenhaus gebracht und intensiv-medizinisch behandelt werden kann, dass er im Falle einer Krebsdiagnose ohne Verzögerung operiert werden kann, damit sich der Krebs nicht weiter ausbreitet. All das ist aktuell in Teilen Deutschlands und bald vielleicht auch in Hessen nicht mehr gewährleistet.

Gemäß der Verantwortungsethik von Max Weber trägt jeder die Verantwortung für die voraussehbaren Folgen seines Handelns! – Die Folgen der grundlosen Impfverweigerung sind voraussehbar und sie sind dramatisch!

100.000 Corona-Tote, mehr als Hanau Einwohner*innen hat, sind genug!

Wann sollte man an alle Zauderer und Zögerer im persönlichen Umfeld appellieren, sich endlich impfen zu lassen, wenn nicht jetzt?

Wer sollte in dieser Frage eine klare Haltung beziehen, wenn nicht wir Humanist*innen?

Wiesbaden, der 29. November 2021

Das Präsidium der HuGH

Das Statement der Humanistischen Gemeinschaft Hessen können Sie im Original hier abrufen.

Bleiben Sie gesund und solidarisch!

 

Über den Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg

Als Weltanschauungsgemeinschaft vertritt der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg KdöR die Interessen religionsfreier Menschen und setzt sich für eine menschlichere Gesellschaft ein. Er unterstützt den Staat bei der Bildung und Erhaltung eines Wertekanons, indem er friedens-, rechts- und wertefördernd auftritt. In seinen Einrichtungen und Projekten bietet er Unterstützung unabhängig von Nationalität, Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Weltanschauung.