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Emanzipation stärken. Fünf Forderungen zum Internationalen Frauentag

1. Repräsentanz von Frauen stärken
Frauen sind in Führungspositionen sowie in gesellschaftlichen und politischen Gremien nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Das ist nicht hinnehmbar. Wir fordern daher Maßnahmen, die die strukturellen Grundlagen schaffen, um eine paritätische Repräsentanz von Frauen auf allen Ebenen zu ermöglichen. Zur Erinnerung: In den Vorständen der 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen Deutschlands lag der Frauenanteil 2018 bei unter 14 Prozent. Die IHK spricht von 27,2 Prozent Frauen in Führungspositionen bundesweit, in Berlin sind es demnach immerhin 35 Prozent. Ähnliche Zahlen findet man im politischen Raum. Der Bundestag ist männerdominiert, der Frauenanteil liegt bei 31,3 Prozent. Im Berliner Abgeordnetenhaus liegt der Frauenanteil mit 33,1, Prozent nur geringfügig darüber, im Landesparlament Brandenburg sind 36,4 Prozent aller Abgeordneten Frauen. Von Parität ist unsere Gesellschaft also noch weit entfernt. Das vom Brandenburger Landtag beschlossene Parité-Gesetz, demzufolge Männer und Frauen gleichermaßen bei der Aufstellung der Landeslisten berücksichtigt werden, ist eine mögliche Antwort, gegen diese Schlechterstellung von Frauen vorzugehen.

2.    Sexuelle Selbstbestimmung von Frauen stärken
Alle Menschen müssen diskriminierungsfrei über ihr Sexualleben und ihre Familienplanung entscheiden können und bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden – unabhängig von ihrer Herkunft, sexuellen und geschlechtlichen Orientierung oder der sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Situation. Dies betrifft Frauen in besonderem Maße. Um die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen nachhaltig zu stärken, fordern wir die sofortige Streichung des § 219a StGB (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft) und den freien Zugang zu sachlichen Informationen über Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland, umfassende Informationen über und den kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln sowie die kostenfreie Vergabe der "Pille danach" als Notfallverhütung, den uneingeschränkten Zugang zu legalem Schwangerschaftsabbruch für ungewollt Schwangere sowie die Bereitstellung der wirtschaftlichen Mittel und soziale, gesellschaftliche Unterstützung für die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Grundlage für alle, die sich für Kinder entscheiden.

3.    Zugang zu Bildungsangeboten für geflüchtete Frauen verbessern
Die Bildung und Ausbildung von Geflüchteten ist ein wichtiger Aspekt ihrer Integration. In Berlin und Brandenburg sollte der Zugang zu Bildungs- und Ausbildungsangeboten für geflüchtete Frauen erleichtert werden, um diesen bessere Perspektiven außerhalb der familiären Strukturen zu schaffen. Für ein Ankommen in unserer aufgeklärten Gesellschaft ist es wichtig, insbesondere jene Frauen, die in religiös-patriarchalen Strukturen leben, in ihrer Selbstbestimmung und Emanzipation zu stärken. In ihren Familien sind sie zudem meist die entscheidenden Multiplikatorinnen, wenn es darum geht, Frauen-, Familien- und Gesellschaftsbilder an die nächsten Generationen zu vermitteln. Ein besserer Zugang zu Bildungsangeboten für geflüchtete Frauen verspricht so auch ein besseres Ankommen der zweiten und dritten Generation in unserer Gesellschaft.

4.    Mehr geschlechterspezifische Obdachlosenhilfe
Es gibt in Berlin und Brandenburg zu wenige Hilfeangebote für Obdachlose. Allein das ist ein Armutszeugnis für unsere Stadt. Frauen sind von dieser Situation besonders betroffen, denn geschlechterspezifische Angebote in der Obdachlosenhilfe sind eine Seltenheit. Dabei sind sie dringend notwendig, denn obdachlose Frauen – mit oder ohne Kinder – haben einen stärkeren Schutzbedarf als Männer. In der rauen Lebenswirklichkeit von Obdachlosen sind sie stärker von gewalttätigen und sexuellen Übergriffen bedroht. Berlin sollte bei seinem gesamtstädtischen Ansatz in der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe beispielhaft vorangehen und verstärkt geschlechterspezifische Angebote schaffen, um obdachlosen Frauen konkret und nachhaltig zu helfen.

5.    Verdiente Frauen sichtbar machen
Das Straßenbild in Berlin und den Städten Brandenburgs ist immer noch männlich dominiert. Einige Namen sind auch aus heutiger Sicht zurecht umstritten. Erinnert sei beispielsweise an die Diskussionen um die Namen der Straßen im Afrikanischen Viertel in Berlin oder die zahlreichen Wilhelm-Pieck-Straßen in Brandenburg. Hier sollten die Verwaltungen Mut zeigen und bei Um- oder Neubenennungen verdiente Frauen ehren. Damit würde auch die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verdienste von Frauen im Allgemeinen gestärkt.