Max Sievers stammte aus einer kinderreichen Arbeiterfamilie in Berlin-Tempelhof. Er wurde während seiner Ausbildung zum Weltkrieg eingezogen und kehrte schwer verwundet aus diesem zurück. In Berlin engagierte er sich im Arbeiter- und Soldatenrat, war erst im sozialistischen, dann im sozialdemokratischen politischen Spektrum aktiv. 1922 wurde er hauptamtlicher Geschäftsführer des Vereins der Freidenker für Feuerbestattung, ab 1927 war er dessen Vorsitzender. Unter seiner Führung wuchs der Verein, der zum Deutschen Freidenker-Verband umbenannt wurde, auf über 600.000 Mitglieder an. Das Versprechen auf eine deutlich günstigere Feuerbestattung für Vereinsmitglieder zog vor allem viele Menschen aus der einfachen Arbeiterschicht an. Es gelang Sievers, den Verein vom reinen Bestattungsverein zur politisch-weltanschaulichen Kulturorganisation zu entwickeln. Es ist im Wesentlichen sein Verdienst gewesen, dass der Freidenker-Verband in der Weimarer Republik zu einer Massenbewegung wurde, die finanziell auf soliden Beinen steht.
Die Organisation geriet nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten umgehend in deren Visier. Bereits im Mai 1932 wurde der kommunistisch orientierte Freidenkerverband, der sich 1929 abgespalten hatte, verboten. Am 17. März 1933 traf den Deutschen Freidenker-Verband unter der Führung von Max Sievers dasselbe Schicksal. Ein SA-Trupp besetzte die Zentrale in der Gneisenaustraße 41 in Berlin-Kreuzberg. Wenig später legalisierte das preußische Innenministerium diese Aktion mit der Ernennung eines Staatskommissars, der die Geschäfte des Verbandes überwachte. Infolge wurde die "politische und antireligiöse Betätigung" des Verbandes untersagt. Der Deutsche Freidenker-Verband wurde noch im selben Jahr in die Neue Deutsche Bestattungskasse überführt. Sein Vermögen wurde beschlagnahmt, Angestellte mit Berufsverboten belegt und Funktionäre inhaftiert.
Max Sievers selbst wurde Ende März 1933 verhaftet. Im SA-Gefängnis in der Papestraße schwer misshandelt, floh Sievers sofort nach seiner überraschenden Freilassung im April nach Belgien. Max Sievers gehörte zu den ersten 33 NS-Gegnern, denen das Regime im August 1933 die deutsche Staatsbürgerschaft entzog. Von Belgien aus organisierte er den sozialistischen Widerstand gegen das NS-Regime. Viele Mitglieder des Deutschen Freidenker-Verbandes waren im Widerstand aktiv. Der Volksgerichtshof verbot den Deutschen Freidenker-Verband 1936 als hochverräterische Organisation.
Max Sievers gab im Exil diverse Zeitschriften heraus und wurde damit zu einer wichtigen Stimme der sozialistischen Emigration. Das konnte er auch deshalb, weil er Teile des Verbandesvermögens in weiser Voraussicht bereits vor dem Machtantritt der Nazis ins Ausland geschafft hatte. Im Januar 1937 schreibt Max Sievers über den bevorstehenden "Weltbrand" in Europa selbstkritisch im Freien Deutschland, dem Organ der politischen Opposition:
"Dass dieser drohende Weltbrand von Deutschland her geschürt wird, ist eine Tatsache, die uns Deutsche mit tiefster Scham erfüllen muss, für die wir alle die Verantwortung tragen. Scham und Verantwortung werden nicht gemildert durch den Umstand, dass das deutsche Volk in schwerster Knechtschaft dahinlebt. Es ist nicht unverschuldet in diesen Zustand hineingeraten. Fast zur Hälfte begab es sich freiwillig in die Gefolgschaft seiner heutigen Machthaber, die andere Hälfte wusste, was ihr bevorstand und verzichtete dennoch darauf, sich mit ganzer Kraft gegen das Los der Sklaverei zur Wehr zu setzen."
Nach der Besetzung Belgiens im Mai 1940 durch deutsche Truppen tauchte Sievers zunächst in Nordfrankreich unter. Als er im Juni 1943 versuchte, an in der Schweiz deponiertes Geld zu gelangen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, nimmt ihn die Gestapo fest. Im Gefängnis Plötzensee wartet er auf seinen Prozess vor dem Volksgerichtshof. Der katholische Priester Max Joseph Metzger, der von der NS-Justiz ebenfalls zum Tode verurteilt wurde, schrieb in einem Brief am 29. August 1943 über seinen Mithäftling Sievers:
"Trotz der weltanschaulichen Kluft, die uns trennte, standen wir uns doch in gegenseitiger Achtung näher als andere. Ich fand in ihm den Charakter, der vornehm und gerecht urteilte und gute Kameradschaft pflegte. Ja, ich möchte irgendwie einen solchen Menschen mehr zur Gemeinde Christi rechnen als so viele Getaufte. Ich habe nicht das Recht, über das jenseitige Schicksal eines Menschen zu urteilen. Jedenfalls ist es mein Glaube, dass verloren im eigentlichen Sinne, zur Hölle bestimmt, nur ist, wer wider seine Gewissensüberzeugung stand. Wie viele Christen sind da freilich schlechter dran als die 'Heiden'."
Der Volksgerichtshof unter Roland Freisler verurteilte Max Sievers am 17. November 1943 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat mit Feindbegünstigung" zum Tod. Die Urteilsbegründung ist ein Pamphlet der nationalsozialistischen Agitation. Darin heißt es:
"Eine andere politische Weltanschauung, noch dazu feige vom Ausland mit den Mitteln der Gewalt und der Zersetzung unserer Wehrmacht propagieren; zu organisatorischem Zusammenschluss um der Erreichung dieses Ziels aufzurufen, uns die Welt als Feinde auf den Hals zu hetzen, indem man uns als Friedensstörer, Kriegstreiber und kulturlose Barbaren hinstellt, das ist solcher Verrat am deutschen Volke, dass er nur mit dem Tode gesühnt werden kann."
Am 17. Januar 1944 wird das Urteil im Zuchthaus Brandenburg vollstreckt.
"Freidenker ist aber nur der, wer sein ganzes Wissen und Können als Rüstzeug im Kampfe für die Erlösung der Menschheit aus geistiger Knechtschaft benutzt", sagte Max Sievers über seine humanistisch-freidenkerische Weltanschauung. Ein Satz, der nicht an Gültigkeit verloren hat.
Erst in den 1990er Jahren wurde das Unrechtsurteil des Volksgerichtshofs gegen Max Sievers aufgehoben. Sein Ehrengrab ist auf dem Urnenfriedhof in der Gerichtsstraße in Berlin-Wedding. Dort legen wir heute um 14 Uhr im ehrenvollen Gedenken an Max Sievers einen Gedenkkranz nieder. Gäste sind herzlich willkommen.