Kathrin Ambrosius leitet das Familienzentrum im Pestalozzi-Treff in Mahlsdorf. Eine Leserin schrieb mir und schlug mir vor, sie hier vorzustellen, "um ihre Arbeit zu würdigen". Ich fand die Idee gut – und habe mit ihr gesprochen.
Frau Ambrosius, gerade in Mahlsdorf haben viele Familien ukrainische Geflüchtete aufgenommen. Darunter sind auch Kinder. Wie unterstützen Sie die Mütter und Kinder im Familienzentrum?
Am 18. März hatten wir ein Treffen für geflüchtete ukrainische Familien und ihre Gastfamilien unter dem Motto "Lasst uns in Verbindung gehen" organisiert. Dabei haben uns viele Fachkräfte aus der Region und dem Bezirk unterstützt. Somit gab es neben dem Austausch gleich ganz praktische Hilfe vor Ort.
Das ist gut angekommen, sowohl bei den Familien als auch bei den Fachkräften. Außerdem haben wir erfahren, welche Themen jetzt für die Familien wichtig sind – dabei im Fokus: Sprachkurse, finanzielle Unterstützung, Wohnungs- und Jobsuche, die Vernetzung mit anderen ukrainischen Familien. Übrigens ganz wichtig waren dabei die sechs Sprachmittler_innen, ohne sie wäre es sprachlich schwierig geworden. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle.
Sie kommen eigentlich aus Thüringen, wie sind sie nach Marzahn-Hellersdorf gekommen?
Ich habe mich 2007 auf eine Stelle in Familienzentrum im Kinder- und Jugendhaus an der Wuhle beworben und habe sie glücklicherweise bekommen. Das war mein beruflicher Einstieg in den Bezirk und in die Familienbildung.
Sie haben zuvor in den Familienzentren in Biesdorf und Marzahn-Mitte gearbeitet. Wie unterscheiden sich die Themen und Fragestellungen, mit denen die Menschen zu Ihnen kommen bzw. gekommen sind?
Die Familienzentren befinden sich in unterschiedlichen Kiezen. Somit haben die Familien auch unterschiedliche Lebensbedingungen vor Ort wie die persönliche Situation, Wohnungssituation, soziale Einrichtungen, Infrastruktur, Spielplätze. Somit ergeben sich auch verschiedene Themen und Bedarfe der Familien. Die Familienzentren richten ihre Angebote danach aus. Gibt es in dem einen Familienzentrum mehr Bedarf an Beratung und Unterstützung bei Anträgen, so ist es in dem anderen Zentrum eher die Trennung und Scheidungsberatung.
Im Familienzentrum Felix vom Humanistischen Verband zum Beispiel gibt es eine "Schatzkiste" mit Kindersachen aus zweiter Hand. Die ist bei den Familien sehr beliebt. In Mahlsdorf ist das räumlich leider nicht möglich. Dafür gibt es zweimal im Jahr einen Second-Hand-Markt für Kindersachen. Dieser Markt ist auf Wunsch von Eltern entstanden und wird hier sehr gut angenommen. (Foto vom Second-Hand-Markt Anfang Mai hier auf Twitter)
Alle Familienzentren haben allerdings auch "klassische" Angebote für Familien, wie Krabbelgruppen, Musik- und Spielkurse und Familientreffs.
In Mahlsdorf gibt es nur wenige öffentliche Spielplätze oder andere öffentliche Orte, an denen sich Kinder gemeinsam treffen können. Halten Sie das für ein Problem?
Ja, es gibt zu wenige Spielplätze und öffentliche Orte. Es gibt eine Karte, auf der Orte für Familien im Bezirk eingetragen sind. Dort sieht man, dass es in den Regionen Marzahn und Hellersdorf viele Einrichtungen für Familien gibt. Schaut man in die Siedlungsgebiete Kaulsdorf, Biesdorf und Mahlsdorf sieht es sehr karg aus – und das, obwohl ständig neue Familien zuziehen und sich die Ortsteile verjüngen.
Wir merken das im Familienzentrum an Wartelisten bei Kursen und vielen Bedarfen vonseiten der Familien. Leider können wir aufgrund von begrenzter Raum- und Personalkapazität nicht alle Nachfragen befriedigen. Das ist für die Familien und für uns frustrierend.
Was fehlt Ihnen sonst noch in Mahlsdorf, um Kinder und Familien besser zu unterstützen?
In Kursen und Gruppen ist bei den Eltern immer wieder das Thema "zu wenige Kitaplätze" brisant und später die zu wenigen Schulplätze im Siedlungsgebiet.
Ich finde, es gibt zu wenige Cafés, das sind ja auch Orte des Austauschs und der Informationen. Auch sozio-kulturelle Orte, wie zum Beispiel ein Kindertheater, ein Kinderzirkus, Kindermuseum, Abenteuerspielplätze und Angebote für junge Kinder von vier bis zehn fehlen hier.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Familientreffs?
Wir haben die Vision, dass es in Mahlsdorf ein schönes großes Haus für Familien gibt, mit vielen Räumen, einem Familiencafé, einem Second-Hand-Laden und einem großen Garten, wo Familien von Montag bis Sonntag tolle Angebote finden können.
Bislang nutzen wir die vorhandenen, kleineren Räume des Familienzentrums, um den Familien im Bezirk den größtmöglichen Mehrwert zu bieten und arbeiten schrittweise auf die Realisierung unserer Vision hin. Die Familien können zu uns kommen, wenn sie Entlastung und Unterstützung suchen – aber auch einfach nur, um mal andere Leute zu treffen.
Foto: privat
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: johanna.treblin@extern.tagesspiegel.de
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