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Band 8: Letzter Versuch einer Offensive. – Der Verband der Freidenker der DDR (1988–1990). Ein dokumentarisches Lesebuch.

Horst Groschopp & Eckhard Müller (Hrsg.)

Nachdem die Gründung eines Freidenkerverbands in der DDR – trotz einiger Initiativen engagierter Freidenker – jahrzehntelang verboten war, ordnete das Politbüro Ende 1988 plötzlich an, einen solchen aus dem Boden zu stampfen. Eine wesentliche Absicht war nur allzu offensichtlich: Unzufriedene davon abzuhalten, sich im Rahmen kirchlicher Angeboten zu versammeln. Denn Freidenkerverband darauf zu reduzieren, wäre aber zu kurz gegriffen. Horst Groschopp und Eckhard Müller dokumentieren dessen kurze Geschichte anhand zahlreicher Archivunterlagen, Erinnerungen und zeitgenössischer Medienberichte.

Diese Geschichte ist aus zwei Gründen besonders interessant: Zum einen haftete den DDR-Freidenkern schnell und nachhaltig das Etikett der "Stasi-Gründung" an; hier bringt der Band Dokumente, die eine seriöse Einschätzung in dieser Frage ermöglichen. Zum anderen entwickelte der Verband in den wenigen Monaten seines Bestehens einen völlig anderen Politikansatz als die damaligen Konfessionslosenverbände Westdeutschlands, der zwar nie zum Tragen kam, aber vorwegnahm, was im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends dann in fast allen Verbänden breit diskutiert wurde und vom HVD ansatzweise auch praktiziert wird: Freidenkertum als säkulare Lebenshilfe. In Einleitungen bieten die beiden Herausgeber Verständnishilfen und Interpretationszugänge, vor allem auch für Leser, die das Funktionieren der DDR nur aus dritter oder vierter Hand kennen.

Alibri, 2013, 260 Seiten, kartoniert, 22 Euro
ISBN 978-3865691712

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Interview mit dem Herausgeber ...

Inhalt:

Vorbemerkung der Autoren

Horst Groschopp
Freidenker in Deutschland nach 1945

Dokumentation I
Keine Zulassung der Freidenker in der SBZ
1) Brief der Freireligiösen Gemeinschaft freigeistiger Sozialisten Berlin-Steglitz vom 9. Juli 1946
2) Mai 1947: Stellungnahme der Fachkommission "Kirche und Religion" bei der Abteilung Kultur und Erziehung beim Zentralsekretariat der SED Mai 1947

Horst Groschopp
Notgeburt per "vertraulicher Verschlußsache"
Anderthalb Jahre Geschichte der DDR-Freidenker
Dezember 1988 bis Juni 1990

Eckhard Müller
Bericht zur Quellenrecherche und Einrichtung der Dokumentation

Dokumentation II
Geschichte des Verbandes der Freidenker der DDR (VdF)
1) Frühjahr 1988: Zum Gespräch Erich Honeckers mit Landesbischof Dr. Werner Leich
2) 12. Juni 1988: Katholik im Blauhemd?
3) 20. September 1988: Synodaltagung des Kirchenbundes
4) 21. September 1988: Junge Christen in der FDJ?
5) September 1988: Konzeption zur offensiven Durchsetzung der Politik von Partei und Regierung im Verantwortungsbereich Kirchen und Religionsgesellschaften
6) 26. Oktober 1988: Freidenker-Delegation in Ost-Berlin
7) 6. Dezember 1988: Politbürobeschluss
8) 22. Dezember 1988: Brief an 1. Sekretäre der Bezirksleitungen
9) 23. Dezember 1988: Beschlussfassung Ministerrat der DDR
10) 30. Dezember 1988: Brief an alle Diensteinheiten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) .
11) 13. Januar 1989: Referat Helmut Klein auf der Gründungsversammlung des Arbeitsausschusses
12) 13. Januar 1989: Notiz des Parteisekretariats des MfS zur VdF-Gründung
13) 14. Januar 1989: Bildung eines Verbandes der Freidenker vorbereitet
14) 18. Januar 1989: In der DDR entsteht ein Verband der "Freidenker"
15) 25. Januar 1989: Kommentar im Deutschlandfunk
16) 31. Januar 1989: Parteiinformation zur Bildung des Verbandes der Freidenker der DDR
17) 5. Februar 1989: Freidenker – ihre Traditionen und Ziele
18) 18. Februar 1989: Nachholbedarf wird empfunden
19) 6. März 1989: Ausschuß soll Freidenker-Verband in Ost-Berlin vorbereiten
20) 14. März 1989: 100 Jahre Jugendweihe
21) März 1989: Freidenker-Verband in der DDR gegründet
22) 16. März 1989: Gründung des Verbandes der Freidenker vorbereitet
23) Ende März 1989: Über den Verband der Freidenker der DDR
24) 2. April 1989: Das Freidenkertum – ein Problem für Christen?
25) 8. April 1989: Beratung zum Freidenkerverband
26) 11. April 1989: Großes Interesse an DDR-Freidenkerverband gemeldet
27) 21. April 1989: Nothelfer für Atheisten
28) 25. April 1989: FDJ-Zentralrat beklagt Kirche als Treffpunkt junger Leute
29) 27. April 1989: Kirchlichen Kreisen offensiv begegnen
30) 7. Mai 1989: Öffentliche Diskussion Freidenker – Katholik in Leipzig
31) 7. Mai 1989: Geist von gestern?
32) 9. Mai 1989: Suche nach dem Platz im Leben
33) 10. Mai 1989: Beschluß des Sekretariats des ZK der SED
34) 14. Mai 1989: "Kann ein Pfarrer in einer FDJ-Veranstaltung auftreten?"
35) 28. Mai 1989: Entwicklung der Kirche im Sozialismus
nicht beeinträchtigt
36) 7. Juni 1989: Grußadresse des ZK der SED
37) 7. Juni 1989: Offen sein für alle Fragen, die die Menschen bewegen
38) 9. Juni 1989: Stellungnahme eines Christen
39) 9. Juni 1989: Die SED schafft sich ihre eigene atheistische "Kirche"
40) 20. Juli 1989: Was sind die nächsten Vorhaben?
41) September 1989: Verband der Freidenker der DDR gegründet
42) 8. Oktober 1989: Nicht als Konkurrenz verstehen
43) 11. Oktober 1989: Brief DFV (Berlin) an VdF
44) 14. Oktober 1989: Erklärung des Verbandes der Freidenker der DDR
45) 20. Oktober 1989: Treffen Berliner Freidenker / Jugendweihe
46) Oktober 1989: Freidenker in unseren Schulen?
47) Oktober 1989: Bitte keine Einseitigkeiten!
48) 24. November 1989: Für Menschenrechte in ihrer Gesamtheit
49) 1. Dezember 1989: Verband der Freidenker betont Unabhängigkeit
50) Dezember 1989: Zu neuen Ufern
51) Ende Januar 1990: Podiumsdiskussion mit DDR-Freidenkern
52) Februar 1990: Freidenker in Gegenwart und Zukunft
53) 13. März 1990: Wir waren keine Kampfgruppe gegen Kirchen
54) Ende März 1990: Offener Brief der Westberliner Freidenker
55) Anfang April 1990: Antwort des VdF-Berlin auf den "Offenen Brief"
56) April 1990: Erfahrungen der Freidenker in Deutschland seit 1945
57) April 1990: Aufruf zu Kongress "Humanismus – die Alternative" am 21./22. April 1990 in Hannover
58) Juni 1990: Hexenjagd auf Freidenker?
59) 24. Juni 1990: Deutscher Freidenker-Verband e.V. konstituiert
60) 24. Juni 1990: DFV an Regierung der DDR
61) 25. Juni 1990: Freie Humanisten Niedersachsen an Regierung der DDR
62) Juli 1990: Auf der Suche nach einem neuen Selbstverständnis
63) 10. Juli 1990: Freidenker in der DDR
64) 19. Juli 1990: Antwort Regierung DDR an DFV
65) 19. Juli 1990: Antwort Regierung DDR an Freie Humanisten
66) Ende Juli 1990: Bittbrief DFV an Regierung der DDR

Ergänzungen

Horst Groschopp
Aus dem Privatarchiv

Dokumentation III
Überlegungen zur Arbeit des VdF
1) 19. Dezember 1988: Brief an den Prorektor Gesellschaftswissenschaften der HUB Dieter Klein
2) 25. Januar 1989: Brief an Helmut Klein
3) 15. Juni 1989: Brief an Helmut Klein
4) 26. September 1989: Erste Überlegungen zur Tätigkeit der Arbeitsgruppe "Kulturarbeit, Fest- und Feiergestaltung"
5) 4. November 1989: Brief an den Vorsitzenden des Verbandes der Freidenker der DDR, Helmut Klein

Dokumentation IV
Gab es in der DDR Freidenker oder was wurde 1989 gegründet?
Interview mit Professor Dr. Dietrich Mühlberg, Kulturwissenschaftler (1998)

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