"Kein Himmel wird das Heil dir senden,
Es fällt aus keines Gottes Schoß,
Die Menschheit muss mit eig’nen Händen
Erkämpfen sich ein bess’res Los.”
Adolph Hoffmann (1858 – 1930)
Bei klirrender Kälte gedachten der Berliner Landesverband der SPD und der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg am 1. Dezember 2020 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde Adolph Hoffmann, der vor 90 Jahren verstarb. Unter besonderen Bedingungen aufgrund der Corona-Pandemie versammelten sich die Teilnehmenden am Grab des Freidenkers und Sozialisten Johann Franz Adolph Hoffmann (* 23. März 1858 in Berlin; † 1. Dezember 1930 ebenda) in der Gedenkstätte der Sozialisten.
In seiner Ansprache würdigte David Driese vom Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg Adolph Hoffmann als "mutigen und streitbaren Humanisten". Es brauche heute mehr denn je Politikerinnen und Politiker, die sich – 100 Jahre nach der weltlichen Schulreform – nicht mit dem Status Quo zufriedengäben, sondern Schule weiter reformieren, im besten Humboldt’schen Sinne eines: "Erst erfreuen, dann belehren!". David Driese weiter: "Schulen sollen Orte sein, in denen Kinder unabhängig von ihrer Herkunft zu ganzheitlich gebildeten Menschen heranwachsen, ja, über sich hinauswachsen. Die vehemente Kritik Hoffmanns an der Übermacht der Kirche begründete sich für ihn als Kind aus ärmlichen Verhältnissen auch aus dem Unrecht, das einseitige Privilegien für die Reichen bedeuten. Heute würde man von ungleichen Bildungschancen sprechen." Dass hier noch viel zu tun ist zeige nicht zuletzt die Corona-Pandemie, die die ungleichen Bildungschancen wie unter einem Brennglas zutage fördere.
Auch Hoffmanns Angriff auf die Vormachtstellung der Kirchen, die ihm den Beinamen "Zehn-Gebote-Hoffmann" einbrachten, habe an Aktualität nichts eingebüßt. Seine Werbung für den Kirchenaustritt machte Adolph Hoffmann bekannt, 1893 war er zweiter, und seit 1913 erster Vorsitzender der Berliner Freireligiösen Gemeinde.
Adolph Hoffmann war zeit seines Lebens ein unbequemer, mutiger und scharfsinniger Mensch voller Tatendrang, der die nötige Radikalität des Geistes besaß, um damals Kultusminister Preußens zu werden. Hoffmann gehörte zum linken Flügel der SPD und war 1917 Mitbegründer der USPD. Während der Novemberrevolution wurde er preußischer Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Ein Amt, das hundert Jahre zuvor entstanden und nicht nur für die äußeren evangelischen und alle katholischen Kirchen- und Religionsangelegenheiten zuständig war, sondern auch für die Universitäten, Museen und Schulen, also das gesamte Bildungswesen. Binnen kürzester Zeit entriss Adolph Hoffmann die Schulaufsicht den Kirchen. Getreu seinem Motto "los von der Kirche!" forderte Hoffmann: "Ausbau aller Bildungsinstitute, insbesondere der Volksschule. Schaffung der Einheitsschule. Befreiung der Schule von jeglicher kirchlichen Bevormundung. Trennung von Staat und Kirche."
Trotz der Enttäuschung über den "Weimarer Schulkompromiss" entwickelte Adolph Hoffmann Tatendrang, um eine Alternative zum Religionsunterricht zu schaffen: "Lebenskunde" – ein Begriff aus dem Umfeld der deutschen "Humanistengemeinden" vor dem Ersten Weltkrieg.
Damit stieß Hoffmann 1919 die Tür auf für die "Humanistische Lebenskunde" – die heute der Humanistische Verband in Berlin und Brandenburg für rund 70.000 Kinder anbietet.