Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist David Driese und ich bin Vorstand im Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg. Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir in der Tradition der europäischen Aufklärung und damit eines kritischen Denkens. Grundlage unserer Meinungsbildung sind deshalb zuallererst Fakten. Nach der Sammlung dieser Fakten, bewerten wir diese vor dem Hintergrund unseres historischen Bewusstseins und bilden uns schließlich eine Meinung.
In den täglichen Debatten in sozialen Medien oder im öffentlichen Raum nehme ich immer häufiger wahr, dass es wieder "in" ist, eine Meinung in den Raum zu stellen, die nur auf ein paar Gerüchte, Falschmeldungen und Verunglimpfungen gestützt sind. Das, liebe Freund_innen, ist genau der Weg, auf dem sich der neue Populismus in unsere Gesellschaft frisst.
Bis vor wenigen Jahren war es nicht vorstellbar, dass es je wieder zu einem solchen Erstarken von Rassist_innen, Antisemit_innen und Rechtspopulist_innen kommt. Niemand hätte sich vorstellen können, dass eine ganze Gruppe von Menschen sehenden Auges einer erkenntnisorientierten Weltsicht den Rücken kehrt.
Liebe Freund_innen, Populismus ist kein neues politisches Mittel. Unser gesamter politischer Wettstreit ist auch auf populistische Auseinandersetzungen ausgerichtet. Wir erleben in der jüngeren Vergangenheit jedoch, dass diese Töne insbesondere mit Abgrenzung, Ausgrenzung und Menschenhass kombiniert werden. Das ist das Kernproblem unserer gegenwärtigen Kultur.
Vorgeführt wird uns das vor allem von alten weißen Männern wie Donald Trump, der gegen Frauen, Minderheiten und Medien hetzt und ihnen grundlegende Rechte abspricht, oder seinem Zwilling Boris Johnson, der wider jeder politischen Vernunft einen ungeregelten Brexit durchsetzen will. Von Figuren wie Victor Orban oder Matteo Salvini, die mit rassistischem Gestus gegen Flüchtlinge oder Sinti und Roma hetzen und all jene als Schwerverbrecher_innen abstempeln, die Nothilfe leisten, Leben retten und sich für die Rechte der Hilfesuchenden und Verfolgten einsetzen.
Die Argumentation dieses neuen Populismus ist immer gleich: Wir müssen an uns denken, "die anderen" bedrohen uns. Ich frage mich dann immer: Wo, bitte, sind denn die Belege für diese Bedrohung? Ich suche sie entweder vergeblich oder finde krude Theorien auf sehr fragwürdigen Internetseiten, die wiederum auf andere fragwürdige Seiten verweisen.
In Deutschland wird der Populismus besonders mit Menschenhass und Rassismus gepaart. Wir sind an einem Punkt, wo es für einen Teil der hier lebenden Menschen offenbar in Ordnung ist, gegen Menschen aus anderen Ländern mit anderen Religionen und Weltanschauungen und gegen Andersdenkende zu hetzen. Und inzwischen wird das Wort oft zur Tat, gewalttätige Angriffe gegen Menschen die "nicht deutsch" aussehen, gegen lesbische Paare oder politisch Andersdenkende nehmen zu.
Und natürlich tragen die AfD und ihre parteinahen Organisationen dazu bei. Auch wenn sie noch so oft das Gegenteil behaupten, Figuren wie Bernd Höcke, Andreas Kalbitz, Alexander Gauland, Jörg Meuthen, Alice Weidel, Beatrix von Storch, Jörg Urban und wie sie alle heißen arbeiten täglich am kalkulierten Tabubruch. Immer weiter verschieben sie die Debattenkultur nach rechts. Immer unverhohlener kooperieren sie mit Menschen und Organisationen aus dem rechtsradikalen Spektrum. Immer offener arbeiten sie mit Drohungsgebärden und Gewaltaufrufen. Die AfD arbeitet jeden Tag daran, unsere Demokratie von innen heraus zu schädigen und zu zerstören. Das ist nicht bürgerlich, liebe Freund_innen. Das ist antidemokratisch, faschistoid und menschenfeindlich. Kurz: REICHSbürgerlich.
Ja, die Demokratie ist nicht perfekt und darüber müssen wir immer wieder reden. Und dennoch bietet sie die beste Möglichkeit, die Menschenrechte zu achten, den Einzelnen mit seinen Bedürfnissen und Rechten in den Mittelpunkt zu stellen. Unsere Demokratie gilt es gegen alle Formen der Infragestellung durch rechte und rechtsextreme Populisten zu verteidigen.
Sie sehen mich heute hier mit einem T-Shirt mit der Aufschrift: Wer schweigt, stimmt zu. Dieser Satz stammt von Thea. Thea ist die Vorsitzende der jungen Humanist_innen in Königs Wusterhausen. Sie setzt sich ehrenamtlich bei uns ein, schaut nicht weg und spricht an, wenn sie etwas stört.
Es ist an uns, aufzustehen und laut zu werden. Wer jetzt still bleibt, wird es womöglich lange bleiben, um es mit Rilke zu sagen. Aber nicht, weil es nichts zu sagen gäbe, sondern weil wir uns womöglich eines Tages in einem Staat wiederfinden, in dem Minderheiten keine Rechte mehr haben und in dem der Mensch eben nicht mehr gleich Mensch ist.
Egal ob bei Demonstrationen, in den Kommentarspalten der sozialen Medien oder in der Kneipe nebenan – lasst uns nicht mehr betreten schweigen. Lasst uns laut sein und den rechten Demagogen klipp und klar sagen: Ihr seid nicht das Rückgrat unserer Gesellschaft und schon gar nicht die Mehrheit! Es ist unsere Verantwortung gegenüber den Opfern und Verfolgten des Naziregimes, unsere Verantwortung gegenüber unseren Nachbarn, Freunden und Mitmenschen, unsere Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen. Vielen Dank.
(Es gilt das gesprochene Wort)