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  • Tausende Menschen schlossen sich der Demonstration an, die vom Alexanderplatz zum Großen Stern führte
    Foto: Jens MätschkeTausende Menschen schlossen sich der Demonstration an, die vom Alexanderplatz zum Großen Stern führte
  • Tausende Menschen demonstrierten für für ein verantwortungsvolles, offenes, vielfältiges und tolerantes Europa und für ein weltoffenes, solidarisches Berlin
  • Dr. Bruno Osuch bei der Auftaktkundgebung am Alexanderplatz

Europa ist die Antwort auf Ausgrenzung, Abwertung und Unmenschlichkeit

Liebe Freundinnen und Freunde, Sehr geehrte Damen und Herren,

ich spreche zu Ihnen als Vertreter des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg. Wir sind in Berlin und Brandenburg u.a. verantwortlich für den Humanistischen Lebenskundeunterricht, der besonders an den Grundschulen beliebt ist.

Vor kurzem sprach mich ein solcher Lebenskundeschüler_innen an und fragte warum ich eigentlich so aktiv beim Thema "Europa" sei. Da ich zufällig seine Familie ein wenig kenne, fielen mir folgende drei Fragen ein, mit denen ich dem Jungen das Thema "Europa" und mein besonderes Engagement kurz und verständlich erklären wollte.

Zuerst fragte ich ihn, wie es eigentlich seiner kranken Oma geht. Er meinte, dass jetzt alles ein wenig leichter sei, weil seine Mutter endlich eine Pflegekraft für Oma gefunden habe. Sie käme ursprünglich aus Polen, lebe aber schon einige Jahre in Berlin. Sie sei sehr nett, erzählte er mir, und das Beste daran sei, dass seine Mami jetzt auch wieder mehr Zeit für ihn hätte. Und ich antwortete: "Siehst Du, das ist nur durch die Europäische Union möglich, dass Menschen aus anderen europäischen Ländern ohne Probleme hier leben und arbeiten können. Früher wäre das nicht so einfach gegangen."

Dann stellte ich ihm die zweite Frage, wie es seiner älteren Schwester gehe, die ich vor Jahren – ich bin ehemaliger Lehrer – selbst unterrichtet hatte Er erzählte mir, dass es ihr gut gehe und sie   seit einem halben Jahr in Portugal sei, wo sie ein Praktikum mache. "Und dort hat sie auch einen neuen Freund gefunden", sagte er mir weiter. "Aber der kommt auch aus einem anderen Land. Ich glaube aus Dänemark oder so."

Auch das, sagte ich ihm, dass junge Leute ohne ein Visum, ohne irgendeine Genehmigung einfach so für eine längere Zeit ein Praktikum in einem anderen europäischen Land machen können, sei ohne die Europäische Union fast undenkbar. Und oft bekommen sie von der EU sogar noch Geld dafür."

Dann sprachen wir über den Sommerurlaub, den seine Familie seit Jahren in Griechenland verbringt.  Ich fragte ihn dabei – freilich mit einem kleinen Schmunzeln: "Habt Ihr Euch denn auch schon Griechisches Geld besorgt damit ihr dort einkaufen könnt?"

Er war völlig verdutzt und verstand die Frage gar nicht. Und ich erklärte ihm, dass wenn man früher in Europa Urlaub machen wollte, immer gezwungen war, Geld zu tauschen. Denn es gab ja noch gar keinen Euro. Und das war oftmals ziemlich nervig.

Liebe Freundinnen und Freunde,

diese drei kleinen Beispiele zur Erklärung für Grundschüler, warum Europa so gut und so wichtig ist, mögen vielleicht simpel klingen. Aber sie sind nicht simpel. Hinter jedem dieser Beispiele stecken die historischen Erfahrungen der Menschen und Staaten Europas mit Nationalismus, Krieg und Hass. Sie sind sichtbare Zeichen der Annäherung und Versöhnung.

Für heutige Schülerinnen und Schüler ist ein friedliches, ein einheitliches, ein tolerantes Europa zum Glück völlig selbstverständlich und normal. Historisch gesehen ist es aber eine hart erkämpfte Errungenschaft. Der Gedanke eines Europas des Friedens, der Einheit und der Toleranz ist entstanden und aufgebaut auf den Trümmern und dem Elend von 1945. Es ist die Antwort auf Ausgrenzung, Abwertung und Unmenschlichkeit.

Doch heute, keine 75 Jahre nach faschistischer Gewaltherrschaft und Kriegstreiberei, wird der Gedanke eines Europas der Versöhnung und des Ausgleichs, werden die Errungenschaften von Verständigung und Freizügigkeit von Populisten und Nationalisten angegriffen und in Zweifel gezogen.

Wir alle sind daher aufgerufen, den europäischen Gedanken, dass Europa ein lebenswerter Ort für Alle sein soll, zu verteidigen. Wir sind aufgerufen jetzt zu handeln – damit es für kommende Generationen selbstverständlich ist, ein einem offenen und toleranten Europa für Alle zu leben.

Vielen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort.

Kontakt

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Dr. Bruno Osuch
Politische Kommunikation im Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR
0175 40 47 292

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