In Deutschland leben über 113.000 Kinder und Jugendliche mit anerkannter Pflegebedürftigkeit. Allein in Berlin haben schätzungsweise mehr als 4.500 Kinder und Jugendliche Anspruch auf zum Teil sehr erheblichen Hilfebedarf. Vielen Fachkräften und Verantwortlichen in entscheidungstragenden Behörden sind die alltäglichen Herausforderungen dieser Familien nicht vertraut, daher laufen viele Hilfe- und Unterstützungsangebote ins Leere. Die Lebenswirklichkeit von Familien mit pflegebedürftigen und versorgungsintensiven Kindern ist den Erkenntnissen der Fachstelle MenschenKind zufolge von Tendenzen der Ausgrenzung und Fehlversorgung geprägt, da die betroffenen Familien zwischen den unterschiedlichen Zuständigkeiten im Hilfesystem hin- und hergeschoben werden.
Im Vergleich zu der wesentlich größeren Gruppe von pflegebedürftigen Erwachsenen gibt es bei betroffenen Kindern andere Ursachen der Pflegebedürftigkeit, wie seltene Krankheitsbilder, angeborene Erkrankungen oder bei der Geburt erworbene Behinderungen. Die Grunderkrankungen sind sehr verschieden und reichen von Muskelschwächen über Stoffwechselstörungen bis hin zu Querschnittlähmungen.
Aufgrund neuer medizinischer Erkenntnisse und besserer Behandlungsmöglichkeiten haben viele dieser Kinder eine deutlich höhere Lebenserwartung als noch vor zehn Jahren. Daher wächst die Zahl der betroffenen Familien. Pflegebedürftige Kinder werden fast immer durch ihre Familien zuhause versorgt. Deren Alltag richtet sich weitgehend an den Versorgungserfordernissen des Kindes aus und wird dadurch kompliziert. Die unzureichende Versorgung mit Unterstützungsangeboten führt dazu, dass diese Familien auf sich allein gestellt sind. Es drohen soziale Isolation und prekäre Lebensverhältnisse. Die Wanderausstellung "anders als gedacht – leben mit pflegebedürftigen Kindern" macht auf die Situation der betroffenen Familien aufmerksam.
Die 15 Tafeln umfassende Wanderausstellung behandelt folgende Themen:
- Pflege in der Familie
- Diagnose und Seltene Erkrankungen
- Abhängigkeit von Technologie
- Bürokratische Hürden
- Selbsthilfe – der Weg zum Expertentum
- Förderung und Therapie
- Versorgung in Bildungseinrichtungen
- Hilfe durch und für Geschwister
- Kinderhospiz- und Palliativversorgung
- Erwachsen werden mit Unterstützungsbedarf
- Vernetzung unter Fachleuten
- Leben mit Beeinträchtigungen, Biografien
- Wünsche und Visionen
Besucher_innen erhalten so einen umfassenden Blick auf das Thema. Durch Bilder, Zitate, kleinere und größere Geschichten aus dem Alltag, Interviews sowie zahlreiche Sachinformationen vermittelt die Ausstellung einen vertieften Einblick in das Leben, die Sorgen und Hoffnungen betroffener Familien.
Die Fachstelle MenschenKind ist eine vom Berliner Senat finanzierte Stelle für die Versorgung chronisch kranker und pflegebedürftiger Kinder, die der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg KdöR betreibt. Die Fachstelle begreift sich als Interessenvertretung von Familien mit chronisch kranken und pflegebedürftigen Kindern. Ihre Aufgaben sind die Vernetzung der verschiedenen Hilfestrukturen, das Sammeln und Aufbereiten von Informationen sowie das Aufdecken von Versorgungslücken, um diese an Politik und Verwaltung zu kommunizieren. Ab April kann die Wanderausstellung kostenfrei ausgeliehen werden. Für Transport und Versicherung ist der Ausleiher zuständig.
Bei Interesse vermitteln wir gern Interviews oder Hintergrundgespräche.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung und zur Ausstellung.