In der Nacht vom 9. zum 10. November jähren sich die von den Faschisten organisierten Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland, die den Auftakt der so genannten "Endlösung der Judenfrage" bildeten, zum 80. Mal.
"Es ist ein trauriges Jubiläum, das wir in diesem Jahr begehen. Unsere Gedanken sind bei den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus und ihren Familien, die bis heute um Mutter, Vater, Großeltern, Geschwister, Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins, Nichten, Neffen sowie um Freund_innen und Nachbar_innen trauern", kommentiert Daniela Trochowski für den Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg. "Wir können diesen Schmerz nicht nehmen, wir können ihn aber mittragen. Und wir müssen der Verantwortung nachkommen, auf die uns dieses Erbe verpflichtet. Jeden Tag sind wir gefragt, uns aktiv dafür einzusetzen, dass Unmenschlichkeit und Barbarei nie wieder um sich greifen."
Der 9. November biete auch die Chance, Menschlichkeit zu zeigen, so Trochowski.
"Es hat sich die gute Tradition ergeben, an diesem Tag in Erinnerung an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus die Stolpersteine im eigenen Wohnumfeld zu putzen. Eine wunderbare Geste des Humanismus, wie ich finde, zu der ich ausdrücklich ermuntern möchte."
Zugleich ruft Trochowski die Bevölkerung in Berlin und Brandenburg dazu auf, einzuschreiten, wenn sie Zeug_in eines antisemitischen oder judenfeindlichen Vorfalls werden:
"Wann immer Menschen Ziel von Hass, Ausgrenzung und Gewalt sind, werden die Regeln eines zivilisierten und friedlichen Miteinanders verletzt. Hier ist jede_r Einzelne gefragt, Gesicht zu zeigen und einzuschreiten. Die Novemberpogrome 1938 waren möglich, weil die nicht-jüdischen Deutschen schweigend dem Toben des rechten Mobs zugesehen haben. Das darf nie wieder geschehen."
Daniela Trochowski lädt die Berliner Bevölkerung zugleich dazu ein, an der vom Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin organisierten Kundgebung "Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen" teilzunehmen. Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg engagiert sich gemeinsam mit den Kirchen, Gewerkschaften und anderen Verbänden im Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin.
Die Zahl der judenfeindlichen Übergriffe hat in Berlin in den vergangenen Jahren zugenommen. 2016 wurden polizeilich 197 antisemitisch motivierte Fälle registriert, 2017 waren es bereits 288. Für das erste Halbjahr 2018 hat die Berliner Polizei kürzlich 133 Fälle angegeben. Wobei sich die Polizeistatistik deutlich von den Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Berlin, die einen Blick in das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle ermöglicht, unterscheidet. 2017 zählte RIAS 947 antisemitische Vorfälle, fast viermal so viele wie die Berliner Polizei. Und auch die Zahlen für das erste Halbjahr 2018 sind mit 527 Fällen deutlich höher.