
Wissenschaftliche Allgemeinbildung als Schlüssel
Robert (Bob) Reuter, Präsident der Allianz von Humanisten, Atheisten und Agnostikern Letzebuerg (AHA Luxemburg) links; Christian Meyers,Dozent für Erziehungswissenschaften an der Universität Luxemburg; Clemens Lintschinger (Österreich), Jurist und Autor
Am 5. Juli 2025 lud die Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker Lëtzebuerg (AHA Lëtzebuerg) in Zusammenarbeit mit Humanists International zur International Humanist Conference in Luxemburg ein. Unter dem Motto „From Awareness to Action: Strengthening Open Societies through Scientific Literacy“ diskutierten internationale und nationale Expert*innen über die Rolle wissenschaftlicher Bildung für die Zukunft offener Gesellschaften. Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg war mit einer kleinen Delegation zu Gast.
Anlass zu dieser Tagung im Vorfeld der „General Assembly“ der Humanists International war die Erkenntnis, in einer Zeit zu leben, in der populistische Bewegungen, Obskurantismus, Desinformation und autoritäre Tendenzen weltweit zunehmen. Daher, so die Veranstalter, werde die Förderung wissenschaftlicher Allgemeinbildung zu einer demokratischen Notwendigkeit. Scientific Literacy – die Fähigkeit, wissenschaftliche Informationen zu verstehen, kritisch zu bewerten und in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einzubeziehen – sei ein zentrales Element, damit Bürger*innen aktiv und verantwortungsvoll an einer offenen Gesellschaft teilhaben können.
Eine wissenschaftlich gebildete Bevölkerung könne komplexe Sachverhalte besser verstehen, kritisch hinterfragen und zwischen evidenzbasierten Ansichten und Falschinformationen unterscheiden. Wissenschaftliche Bildung fördere auch die Fähigkeit, informierte Entscheidungen zu treffen und sich aktiv in gesellschaftliche Debatten einzubringen, was demokratische Teilhabe und das Vertrauen in Institutionen stärke. Resilienz gegenüber Populismus und Autoritarismus sei ein weiterer Effekt: ein fundiertes Verständnis für wissenschaftliche Zusammenhänge mache es schwieriger, durch vereinfachte Narrative oder ideologisch motivierte Desinformation manipuliert zu werden.
Dies darzustellen war nun Aufgabe der Tagung. Nach der Begrüßung durch Andrew Copson, scheidender und am Folgetag durch Maggie Ardiente abgelöster langjähriger Präsident der Humanists International, begann Christian Meyers (Luxemburg) den inhaltlichen Teil der Veranstaltung. Der Dozent für Erziehungswissenschaften thematisierte in seinem Vortrag die Rückkehr des Obskurantismus und dessen Auswirkungen auf Wissenschaft und Demokratie, um zu resümieren: eine Gesellschaft, in der Wissenschaft gefährdet sei und man nicht vernünftig argumentieren könne, könne letztendlich auch nicht frei bleiben.
Clemens Lintschinger (Österreich), Jurist und Autor, sprach anschließend in seinem Vortrag über die Notwendigkeit starker Wissenschaft in Demokratien und die Aufgabe, wissenschaftliche Methoden und Ergebnisse gut zu kommunizieren. Es gehe darum, das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken, den Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft zu vertiefen und wissenschaftliche Erkenntnisse als ein Geschenk an die Demokratie anzusehen.
Im weiteren Verlauf der Tagung wurden konkrete, inspirierende Beispiele aus der Praxis vorgestellt.
Monica Belițoiu (Rumänien), NGO-Kommunikationsexpertin, stellte das Projekt „The Scientific Calendar“ vor, ein Wissenschaftskalender, der jeden Tag mit einem Fakt oder einer Entdeckung zum Staunen einlädt und damit wissenschaftliche Bildung im Alltag fördert.
David Pineda (Guatemala) stellte das Projekt „Science in a box“ vor, ein Bildungsprojekt zum Thema Wissenschaft mit einer ländlichen Schule in den Hochlanden von Nordguatemala.
Dennis Fink (Luxemburg), Wissenschaftskommunikator am Luxembourg Science Center, sprach über interaktive Wissenschaftserlebnisse und spektakuläre Wissenschaftsshows als Mittel zur Förderung der wissenschaftlichen Allgemeinbildung.
Leo Igwe (Nigeria), Menschenrechtsaktivist, analysierte die Rolle wissenschaftlicher Bildung im Kampf gegen Hexenverfolgung in Afrika.
Sudesh Ghoderao (Indien), Chemieprofessor und Rationalismus-Aktivist, erläuterte Bildungsprogramme für Lehrkräfte in Indien, die einen wissenschaftlichen Denkansatz fördern.
Ann Kiefer (Luxemburg), Mathematikerin und Gewinnerin mehrerer Science Slams, präsentierte innovative Methoden der Wissenschaftskommunikation, um Forschungsergebnisse für ein breites Publikum verständlich zu machen.
Louis Krieger (Luxemburg), Wissenschaftskommunikator am „Scienteens Lab“, stellte praktische Workshops vor, in denen Jugendliche eigenständig wissenschaftliche Experimente durchführen können.
Hanna Siemaszko (Luxemburg), Podcast-Produzentin und Wissenschaftskommunikatorin, erläuterte, wie Podcasts als effektive Werkzeuge zur Wissenschaftskommunikation und zur Förderung offener Gesellschaften dienen können.
Michèle Weber (Luxemburg), Wissenschaftskommunikatorin beim Luxembourg National Research Fund, zeigte auf, wie Wissenschaft anschaulich und spannend kommuniziert werden kann.
Und Boris van der Ham (Niederlande), ehemaliger Politiker und humanistischer Autor, sprach über das Projekt „Human for all seasons“, um über Wissenschaft, Poesie, Musik, Geschichten aus aller Welt u.a. Inspiration aus humanistischer Perspektive zu liefern.
Zwischendurch und am Ende des Tages bei einem gemeinsamen Dinner war viel Gelegenheit, über all dies und anderes miteinander kultur- und nationenübergreifend ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen. Nicht zuletzt deshalb ist gelungen, was diese Konferenz sich vorgenommen hatte: die Förderung von kritischem Denken, Vernunft, evidenzbasiertem Handeln und Humanismus als eine Perspektive für eine menschlichere Zukunft fühlbar zu machen.
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