Wissensschatz: Fragen und Antworten

Tradition Jugendweihe: Zur Geschichte der JugendFEIER

veröffentlicht: 11. September 2017, 08:09 Uhr aktualisiert: 3. April 2025, 18:04 Uhr

Unter der Überschrift „Tradition Jugendweihe: Zur Geschichte der JugendFEIER“ beantwortet der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg unter anderem Fragen zum Namen und zur Jugendweihe in der DDR.

Woher kommt der Name „Jugendweihe“?

Es waren aufgeklärte Mitglieder freireligiöser Gemeinden, die sich während der bürgerlichen Revolution 1848/49 von den Kirchen abwendeten – und somit auch von der Firmung der römisch-katholischen und der Konfirmation der evangelischen Kirche.

Diese Aufgeklärten entwickelten eine neue Form des Feierns: Im Jahr 1852 tauchte erstmals der Begriff „Jugendweihe“ auf. Diese Jugendweihe war eine außerkirchliche Feier anlässlich der Schulentlassung 14 Jahre alter junger Menschen.

Wann fand die erste Jugendweihe statt?

In Berlin fand 1889 die erste proletarische Jugendweihefeier statt, und zwar im Konzerthaus in der Leipziger Straße. Zu dieser Zeit geriet die wachsende Freireligiöse Gemeinde zu Berlin stark in die Kritik: Ihr hatten sich seit ihrer Gründung im Jahr 1845 mehr und mehr sozialdemokratische Arbeiter angeschlossen. Das sorgte öffentlich für Unmut, weil allein schon die freidenkerischen, religions- und staatskritischen Positionen der Gemeinde unbeliebt waren.

Jugendweihe als Provokation

Manfred Isemeyer kennt die Geschichte der JugendFEIER.

In Berlin fand 1889 die erste proletarische Jugendweihefeier statt, und zwar im Konzerthaus in der Leipziger Straße. Zu dieser Zeit geriet die wachsende Freireligiöse Gemeinde zu Berlin stark in die Kritik: Ihr hatten sich seit ihrer Gründung im Jahr 1845 mehr und mehr sozialdemokratische Arbeiter angeschlossen. Das sorgte öffentlich für Unmut, weil allein schon die freidenkerischen, religions- und staatskritischen Positionen der Gemeinde unbeliebt waren.

Das verdeutlicht folgende Anekdote zu Fritz Kunert, der damals sogenannter Jugendlehrer war: Er hatte ab Mai 1888 die Aufgabe, an der Schule der Freireligiösen Gemeinde jede Woche Jugendweihestunden für Kinder der Altersgruppe acht bis 14 Jahre abzuhalten. In diesen Jugendweihestunden sprach Kunert zusammen mit den Kindern und Jugendlichen kritisch über Religionsgeschichte und tauschte sich mit ihnen über eine Morallehre ohne Dogmen, also ohne Glaubensaussagen. Und genau das galt damals eine ungeheuerliche Angelegenheit.

Diese Anekdote verdeutlicht, dass auch das Teilnehmen an den Jugendweihen als eine Provokation empfunden wurde:

„Gemessen an der Gesamtzahl der Schulentlassenen in Berlin nahmen höchstens zwei Prozent der Kinder an der Jugendweihe teil. Politische Repressalien, polizeiliche Einschüchterungen und der Zwang, bei der Lehrstellensuche einen Konfirmationsschein vorzulegen, ließen die Jugendweihe zunächst nur für einen kleinen klassenbewussten Teil der Arbeiterschaft attraktiv erscheinen.“

Manfred Isemeyer, deutscher Sozialpädagoge, Politikwissenschaftler und ehemaliger Geschäftsführer des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg

Jugendweihe im Festkalender

Trotzdem waren Jugendweihen bald in den Festkalendern Berliner Arbeiter fest verankert. Die Bedeutung der Jugendweihen wuchs zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiter wegen der ersten großen Kirchenaustrittswellen.

Das nahmen schließlich die Sozialdemokratische Partei, Arbeiterjugend und Gewerkschaften zum Anlass, um eigene Jugendweihen auszurichten – im Gegensatz zur Freireligiösen Gemeinde jedoch erst einmal ohne vorbereitenden Unterricht. In der Weimarer Republik wurde dieser schließlich auch für die Feiern der Unabhängigen Sozialisten übernommen.

Jugendweihestunden als Anfänge des Lebenskundeunterrichts

In den 1920erJahren wurden in Freidenker-Kreisen allmählich eindeutig revolutionäre Inhalte in die Festprogramme der Jugendweihen aufgenommen: Mit Sprechchören, Arbeiterlieder und dem Darbieten der „Internationale“, dem weltweit am weitesten verbreiteten Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung.

Die revolutionären Inhalte adressierten ein proletarisches Gemeinschaftsgefühl, bei dem Parteipolitisches außen vor bleib. Zugleich wurden die Jugendweihestunden der Freidenker weiterentwickelt zu einem ethischen, lebenskundlichen Unterricht: Er wurde in Berlin, Hamburg und Thüringen durch die Schulbehörden zugelassen.

Warum gab es vorübergehend keine Jugendweihe mehr?

Diese Frage bezieht sich auf die 1930erJahre: Im Mai 1932 wurde der kommunistische Freidenkerverband verboten. Und damit waren auch die Jugendfeiern verboten. Dennoch wurden bis Kriegsbeginn vereinzelt weiterhin Jugendweihen veranstaltet, also illegal oder getarnt als private Feier.

Die Nationalsozialisten versuchten erfolglos, aus den proletarischen Jugendweihen faschistische Verpflichtungsfeiern zu machen, um sie statt der Konfirmationen einzuführen. Das lag am Widerstand der evangelischen Kirche. Außerdem waren die Arbeiter kaum daran interessiert.

War die Jugendweihe in der DDR Pflicht?

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde an die Tradition der Jugendweihe in den Berliner Sektoren der westlichen Alliierten angeknüpft – dank der wieder aufblühenden freidenkerischen Verbände.

In der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, war die Jugendweihe bis 1954 nicht zugelassen. Erst ab 1955 wurden Jugendweihen als Veranstaltungen ausgerichtet: offiziell freiwillige, also nicht als Pflichtveranstaltungen. Da sich die Jugendlichen dabei zum Sozialismus und den Staatszielen der DDR bekennen mussten, kann bezweifelt werden, ob die Teilnahme an der Jugendweihe in allen Fällen tatsächlich freiwillig war.

Seit der Wiedervereinigung ist das Teilnehmen an Jugendweihen beziehungsweise JugendFEIERn im gesamten Bundesgebiet absolut freiwillig.

Seit wann gibt es die JugendFEIERn des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg?

Der Humanistische Verband Deutschlands wurde als Zusammenschluss freigeistiger und freireligiöser Organisationen gegründet. Seit den späten 1960erJahren bezeichnen seine Mitglieder die mittlerweile bundesweit durchgeführten Veranstaltungen für Jugendliche, die symbolisch den Schritt ins Erwachsensein darstellen sollen, mit dem Begriff „JugendFEIERn“. Die Vorreiterrolle für diese Entwicklung hatte im Übrigen der bayerische Landesverband inne.

Hier ist eine Szene einer JugendFEIER im Jahr 2019 zu sehen.

Was genau ist eine JugendFEIER?

Die JugendFEIER ist ein wichtiges weltanschauliches Fest und gehört zur Feierkultur des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg. Zur JugendFEIER zählen sowohl die Vorbereitungszeit als auch die Festveranstaltung als solche.

Mit dem bunten, abwechslungsreichen Vorbereitungsprogramm wird der Fokus junger Menschen zwischen 13 und 15 Jahre auf eine Zeit des persönlichen Umbruchs gelenkt – mit dem Ziel des Erwachsenwerdens. Das Programm soll helfen:

  • beim Suchen nach der eigenen Identität,
  • in Bezug auf Skepsis gegenüber Eltern und anderen Erwachsenen
  • bei Konflikten und Ängsten

Außerdem ist die Vorbereitung auf die JugendFEIER eine Zeit der positiven Grundstimmung: Die jungen Menschen gestalten die Phase vom Kindsein zum Erwachsenwerden eigenständig. Sie können sich ausprobieren und ihrer Neugier freien Lauf lassen, sie können träumen und experimentieren geleitet von diesen Fragen:

  • Wer bin ich und wie will ich sein?
  • Was sind meine Talente und Stärken?
  • Wo könnte ich meinen Platz in dieser Gesellschaft haben?

Durch die JugendFEIER mit ihrer großen Auswahl an Vorbereitungsangeboten und einer unvergesslichen Festveranstaltung sollen zugleich humanistisch Werte vermittelt werden: Toleranz, Selbstbestimmtheit und Verantwortungsbewusstsein im Denken.

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