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  • "peace line" in Belfast
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Studienreise nach Belfast

Studienreise nach Belfast

Der Arbeitskreis Straffälligen- und Opferhilfe des Paritätischen Landesverbandes Berlins hat Anfang Oktober Partnerorganisationen in Belfast / Nordirland besucht. Im Arbeitskreis sind viele der in Berlin in der Opfer- und Straffälligenhilfe tätigen Vereine organisiert – auch die Drehscheibe Alter des HVD.

Auf dem Programm standen ein Treffen mit dem Victim Support Nothern Ireland, eine Besichtigung der Jugend- und Frauenstrafanstalt Hydebank Wood Secure College & Women´s Prison sowie ein Austausch mit dem Träger der Straffälligenhilfe NIACRO.

Der Arbeitskreis wurde mit großer Gastfreundlichkeit empfangen. Anhand der professionellen Präsentationen konnten wir einen guten Einblick in die Arbeit in Nordirland erhalten.

Für alle Teilnehmer_innen ist es überraschend gewesen, wie stark der Nordirlandkonflikt zwischen den mehrheitlich katholischen Nationalisten und den mehrheitlich protestantischen Unionisten auch fast 20 Jahre nach dem Friedensabkommen präsent ist und von einem Versöhnungsprozess noch nicht gesprochen werden kann. So sind Stadtviertel in Belfast immer noch geteilt durch sogenannte "peace lines" – meterhohe Mauern und Zäune. Die Bewohner auf beiden Seiten können sich zwar nicht mehr an Übergriffe erinnern. Sie fühlen sich aber sicherer. Ein Abbau dieser Spaltungen ist nicht in Sicht. Welche Folgen der Brexit hier haben wird, ist nicht vorhersehbar.

Die Arbeit der nicht-staatlichen Opfer- und Straffälligenhilfe unterscheidet sich zunächst einmal deutlich von der Berliner Situation dadurch, dass die Leistungen im Wesentlichen durch zwei große Träger erbracht werden. Anders als in Berlin wirken die Angebote so sehr übersichtlich und aufeinander abgestimmt.

Opferhilfe

Der jahrzehntelange gewaltsame Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten hat nahezu alle Familien in Nordirland getroffenen. Vor diesem Hintergrund hat auch die Opferhilfe in Nordirland einen andere Stellenwert als (noch) in Deutschland. Victim Support Northern Ireland (Opferhilfe Nordirland) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation zur Unterstützung von Betroffenen von Straftaten. Derzeit sind etwa 60 haupt- und 150 ehrendamtliche Mitarbeiter_innen beschäftigt. Obwohl Nordirland weniger als zwei Millionen Einwohner hat, ist dies ein vielfaches der Personalausstattung der Opferhilfe in Berlin. Unter dem Dach dieses Trägers werden unterschiedliche spezifische Leistungen angeboten: Beratungen zu häuslicher oder sexueller Gewalt, Hate Crime, Stalking, u.a. Sie bieten ebenfalls eine Begleitung in allen Stadien eines Strafprozesses an. Große Bedeutung in der Arbeit hat die Öffentlichkeitsarbeit und die Werbung und Ausbildung von ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen.

Straffälligenhilfe

NIACRO – The Northern Irland Association for the Care and Resettlement of Offenders (Nordirische Vereinigung zur Unterstützung und Resozialisierung von Straftätern) wurde 1968 gegründet. Es bietet zahlreiche Angebote für Kinder- und Jugendliche, Familien und erwachsene Menschen, die mit dem Strafvollzug im Kontakt stehen. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf der Person, die straffällig geworden ist und inhaftiert wurde. Vielmehr gibt es eine Reihe von Unterstützungsangeboten für die Familien von Gefangenen. Hier konnten einige Anregungen und Projektideen mit nach Berlin genommen werden.

Im Bereich der Arbeit mit Straffälligen zeigten sich viele Ähnlichkeiten, insbesondere bei den Problemen beim Übergang von der Haft in die Freiheit. Es ist bekannt, dass die Zeit nach der Entlassung eine hohe Rückfallgefahr birgt und eine professionelle Unterstützung hier vieles erreichen kann. Anders als in Berlin bietet in Nordirland das Mentoring Programm "Reset" einen interessanten Ansatz: Es leistet ein Übergangsmanagement, bei dem der Gefangene von Beginn der Entlassungsvorbereitung noch bis zu 12 Wochen nach der Haftentlassung eine professionelle Unterstützung durch eine_n Bezugsbetreuer_in erhält. In Berlin gibt es entsprechende Programme bisher nur im Bereich der Jugend. Hier ist noch einiges möglich.

Die Studienreise ermöglichte so interessante Einblicke in die professionelle Praxis in Nordirland und viele Anregungen für die eigene Arbeit hier in Berlin.

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